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Neue Freie Presse
Morgenblatt
No. 187. Wien, Dienstag den 7. März 1865

[1]

Hofoperntheater.

(Frl. Stehle. — „Tannhäuser.“ — „Die Hochzeit des Figaro“.)


0003Ed. H. Fräulein Sophie Stehle hat ihrem „Gret-
0004chen“ nunmehr zwei neue Rollen höchst verschiedenartigen Cha-
0005rakters folgen lassen: Elisabeth in Wagner’sTannhäuser“
0006und den Pagen Cherubim in der „Hochzeit des Figaro“. Um-
0007schreibt die Partie „Gretchen’s“ allein schon einen ungewöhnlich
0008weiten Kreis dramatischen Lebens, indem sie, von der naiven
0009Einfalt bürgerlicher Sitte ausgehend, sich durch alle Phasen hinge-
0010bender Liebe bis zur erschütterndsten Tragik vordrängt, so steht
0011sie doch nur wie ein vermittelnder Uebergang zwischen den grel-
0012len Gegensätzen Cherubim und Elisabeth. Welch unab-
0013sehbare Kluft zwischen dem schelmischen Lustspielton des kecken
0014Pagen und dem hochgespannten Pathos der Elisabeth von Thü-
0015ringen! Es zeugt von einer ungemeinen Vielseitigkeit und Be-
0016weglichkeit des Talentes, daß Frl. Stehle diese Kluft leichten
0017Fußes übersprang und auf dem einen Ufer heute so sicher und
0018anmuthig einherging, wie Tags zuvor auf dem entgegengesetzten.
0019„Dankbar“ in der Weise des Gounod’schen Gretchens ist weder
0020die Rolle der Elisabeth noch des Cherubim. Auf zwei kleine
0021Solonummern und eine sehr unerhebliche Mitwirkung im En-
0022semble beschränkt, hat Mozart’s Page kürzlich sogar einen Pro-
0023ceß veranlaßt, der die Frage, „ob eine erste Sängerin zu die-
0024ser Rolle verhalten werden könne“, zu richterlichem Entscheid
0025brachte. Vor Gericht ist Wagner’s Elisabeth unter der Anklage
0026theatralischen Undanks allerdings noch nicht gestanden, aber
0027vor dem Publicum hat sie ihre Passiva an melodischem Reiz
0028und lebendiger Charakteristik längst dargethan. Im ersten Act
0029erscheint sie gar nicht, durch den letzten schwebt sie als schwa-
0030cher Heiligenschein. Ihre Arie und das Duett im zweiten Act
0031gehören zu den musikalisch unbedeutendsten und äußerlichsten
0032Nummern der Oper, erst im Finale erhebt sich Elisabeth mo-
0033mentan zu bedeutender Höhe. Wagner’s musikalische Erfin-
0034dungskraft, die im ersten Act des „Tannhäuser“ ihr Bestes gibt
0035und im letzten wenigstens stellenweise einen lebhaften Aufschwung
0036nimmt, erweist sich gerade im mittleren, dem Culminations-
0037punkt der Handlung, am schwächsten. Frl. Stehle hatte so-
0038mit als Elisabeth nicht die Gelegenheit, ihr Talent in all den
0039leuchtenden Regenbogenfarben zu entfalten, durch welche ihr 
0040Gretchen entzückte, das Wesen jener Vorzüge war jedoch als
0041ungebrochenes weißes Licht auch in dieser Aufgabe allgegenwär-
0042tig. Der volle, thaufrische Klang ihrer Stimme, Adel und
0043Wärme der Empfindung, überzeugende Kraft und Lebendigkeit
0044des Spiels vereinigten sich zu schönster Wirkung. Die Für-
0045bitte für Tannhäuser im zweiten Finale und das Gebet im
0046dritten Act, die Glanzpunkte ihrer Leistung, waren von ergrei-
0047fender Wahrheit und Fülle des Ausdrucks.


0048Fräulein Stehle, die in ihrem echt historischen Costüm
0049vortrefflich aussah, wurde vom Publicum vielfach ausgezeichnet
0050und nach jedem ihrer beiden Acte wiederholt gerufen. Um Eli-
0051sabeths willen erduldeten die Hörer an diesem Abend kein klei-
0052nes Marthyrium. Herrn Schmid ausgenommen, dessen Pracht-
0053stimme die Langweiligkeit dieses Landgrafen Hermann Bieder-
0054mayer auch nicht zu tilgen vermag, war Alles an dem Abend
0055ungenügend oder schlimmer als dies. Es wird uns schwer, über
0056Herrn Ferenczy’sTannhäuser“ etwas Passendes zu sagen.
0057Wir haben die beneidenswerthen Mittel dieses Sängers oft,
0058wenngleich nie ohne bedauernde Einschränkung gerühmt; in einer
0059Leistung wie dieser „Tannhäuser“ schwindet aber dem Zuhörer
0060selbst die Ahnung, daß ein schönes Material hier mißbraucht
0061werde. Herr Ferenczy sang beständig zu tief, empörend falsch,
0062im ersten Acte gerieth er sogar dem Orchester um zwei Tacte
0063voraus und konnte trotz der bereitwilligen und geschickten Hetz-
0064jagd des letzteren sich erst nach langem Charivari zurechtfinden.
0065Bekanntlich hat Herr Wachtel vor kurzem als „Prophet“
0066denselben Bankerott gemacht, er verhielt sich zu jenem des Herrn
0067Ferenczy wie eine Velin-Ausgabe zu einem Nachdruck auf Lösch-
0068papier. Die Natur scheint grausam bei Laune, daß sie das
0069seltene Geschenk einer schönen Tenorstimme jetzt nur mehr an
0070die Bedingung eines schlechten Gehörs zu knüpfen scheint. Neh-
0071men wir jedoch an, Herr Ferenczy hätte nicht gestrauchelt
0072und nicht distonirt — gewiß eine starke Fiction! — so wäre
0073sein „Tannhäuser“ noch immer das Hölzernste, Schülerhafteste
0074gewesen, was uns seit Jahren vorgekommen. Wie ein verzwei-
0075felnder Prüfungscandidat leierte er seine Aufgabe herab, von
0076nichts beseelt als von der Angst, aus Tact und Tonart zu
0077fallen. Glanzstellen, mit denen der ungeschulteste Sänger des
0078Tannhäuser“ sein Publicum packen muß, falls er halbwegs
0079empfindet und versteht, gingen bei Herrn Ferenczy spurlos, Grau
0080in Grau verloren. Auch mit Tannhäuser’s Minne-Collegen war
0081es übel bestellt. Ist’s denn so lange her, daß Grimminger 
0082und nach ihm Ander den Tannhäuser in edelsten, ergreifend-
0083sten Zügen uns vorführten, und Beck, Mayerhofer, Wal-
0084ter
, Hrabanek als Minnesänger sie umgaben? Und jetzt!
0085Wer jüngst das schöne Sextett und den Sängerkrieg gehört —
0086ein wahrer Krieg gegen den Gesang — der hat gleich uns
0087jener Vorstellungen mit Trauer gedacht und uns jedes weitere
0088Wort erlassen.


0089Von allen Wartburgkämpfern weitaus der beste, hat Herr
0090Bignio auch nur sehr mäßigen Anforderungen entsprochen.
0091Wolfram“ von Eschenbach ist im Grunde die dankbarste Rolle
0092in der Oper. Wie ein Magnet hat er die zersplitterten Eisen-
0093spähne der Wagner’schen Melodie an sich gezogen und schlägt
0094sie zu Wucherpreisen los. Er ist großmüthig, sentimental, un-
0095glücklich verliebt, ein Tugendspiegel und natürlich „schöner
0096Mann.“ Von Herrn Bignio, dessen klangvolles Organ, rich-
0097tige Empfindung und vortheilhafte Persönlichkeit wir hoch-
0098schätzen, stand Besseres zu erwarten. Dieser Sänger scheint
0099immer noch mehr darauf bedacht, mit dem Material seiner
0100Vorzüge zu glänzen, als dieselben zu künstlerischer Form aus-
0101zubilden; er forcirt die Stimme und tremolirt dicht vor den Fuß-
0102lampen in der Manier mittelmäßiger italienischer Baritons.


0103Das namentlich im Sängerkrieg wesentliche Element des
0104Declamatorischen, frei Recitirenden übersah Herr Bignio 
0105gänzlich und setzte durch übermäßiges Dehnen aller Tempi die
0106ohnehin sehr empfindsame Partie völlig unter Wasser. Im
0107mimischen Theil seiner Kunst macht Herr Bignio langsame
0108Fortschritte, seine Charaktere gleichen sich wie ein Ei dem an-
0109dern, und legen selbst auf Costüme und Maske wenig Gewicht.
0110Wir haben jüngst den Valentin (im „Faust“) mit Vergnü-
0111gen Herrn Bignio zugetheilt gesehen, er hat mehr Adel in
0112Stimme und Vortrag als Herr Hrabanek, aber dieser war
0113in Costüm und Haltung weit charakteristischer. Herr Big-
0114nio’s
 Valentin hat keinen Zug vom Soldaten, er ist der
0115Student Siebel in einem höheren Jahrgang. Als „Wolfram 
0116von Eschenbach“ hob sich Herr Bignio allerdings über das
0117Niveau seiner dichtenden und harfenden Freundschaft, aus wel-
0118cher wir mit besonderer Wehmuth Herrn Dalfy nennen. —
0119Die Rolle der „Venus“ erfordert große musikalische Sicherheit
0120und eine vortheilhafte Bühnenfigur, Eigenschaften, die Fräulein
0121Krauß in vollem Maße besitzt. Schade, daß ihr Gesang sich
0122bereits jeder Beurtheilung entzieht, indem die Anstrengungen
0123einer gänzlich ruinirten, tonlos schlotternden Stimme nicht [2]
0124mehr in das Gebiet der musikalischen Aesthetik, sondern in je-
0125nes der Pathologie gehören. Wir wollen das stattliche Sünden-
0126register der letzten Tannhäuser-Vorstellung nicht weiter durch-
0127blättern, sie weckte mitunter die heitersten Erinnerungen an die
0128unvergeßliche Parodie Nestroy’s.


0129Mit erleichtertem Herzen gehen wir zu der ungleich erfreu-
0130licheren Aufführung von Mozart’sHochzeit des Figaro“ über.
0131Die köstliche Oper, Wiens besonderer Liebling, hatte längere
0132Zeit geruht; der Austritt der Sängerinnen Liebhardt und
0133Wildauer war als zweites und drittes Hinderniß zu der
0134täglich zweifelhafter gewordenen Eignung Herrn Draxler’s 
0135für den „Figaro“ hinzugekommen. Diesmal sang Herr
0136Schmid den Figaro, Frau Dustmann die Susanne und
0137Fräulein Stehle als Gast den Pagen.


0138Fräulein Stehle gab ein meisterhaftes Bild des eitlen,
0139verwöhnten, kecken Pagen, der trotzdem für seine Streiche
0140allerwärts so schnelle Verzeihung findet, weil er — liebens-
0141würdig ist. Der „Cherubim“ Fräulein Stehle’s hatte nichts von
0142der unwahren Ziererei und Zimperei der gewöhnlichen Pagen-
0143Sängerinnen, er war eine Figur von strotzender Natürlichkeit
0144und Frische, dabei von echter Anmuth und Liebenswürdigkeit.
0145Alles was Spiel und Ausdruck betrifft, war unvergleichlich,
0146auch das gesprochene Wort behandelte Fräulein Stehle mit
0147voller Freiheit und Leichtigkeit.


0148Kein ebenso hohes Lob verdient die Leistung, wenn man
0149sie vom rein musikalischen Standpunkt ansieht. Sie gab uns
0150keinen Anlaß zum Widerruf jener Bemerkungen, die wir nach
0151Fräulein Stehle’s erstem Auftreten über einige Lücken der Ge-
0152sangstechnik äußerten. Es liegt in dem plastischen, durchsichtigen
0153Charakter der Mozart’schen Musik, daß sie Mängel der
0154Stimmbildung und Tonverbindung viel schonungsloser ans
0155Licht stellt, als die bewegtere, romantische Melodik Gounod’s 
0156und Wagner’s. So trat in Cherubim’s erster Arie das
0157Schleifen der Töne und der gedrückte Ansatz in der Höhe
0158merklicher und ganz besonders in den drei Noten es, f, g
0159(„ogni donna“) hervor. Weit schöner, auch in rein technischer
0160Hinsicht, gelang der Vortrag der zweiten Arie in B-dur,
0161deren reiches, wechselndes Empfindungsleben nicht beredtsamer
0162geschildert werden kann, als Fräulein Stehle es that. Hier
0163fanden die warme Innigkeit des Tones und die unfehlbare
0164dramatische Gestaltungskraft dieser Künstlerin eine überaus
0165lohnende Aufgabe. Ein allerliebstes Muster natürlichen, mun-
0166teren Spiels war das Erscheinen Cherubim’s als Gärtnermäd-
0167chen. Obwol Fräulein Stehle dabei nicht den Mund aufzuthun
0168hat, bereitete sie doch mit dieser kleinen Scene dem Publicum
0169das lebhafteste Vergnügen. Das Duett Cherubim’s mit Su-
0170sanne (Nr. 14, G-dur) bleibt hier leider weg, was wir dop-
0171pelt bedauern, weil sein rasches Geplauder von Fräulein
0172Stehle und Dustmann gewiß sehr wirksam ausgeführt und
0173die ohnehin kleine Rolle des Pagen nicht noch unnöthig ver-
0174kürzt worden wäre. — Frau Dustmann, anfangs etwas
0175ernst, fand sich je weiter desto besser in die schalkhafte Laune
0176Susanne’s, und fand namentlich nach dem vortrefflichen Vor-
0177trag der Arie im vierten Act (dem dritten nach hiesiger Ein-
0178richtung) reichlichen und wohlverdienten Beifall.


0179Herr Schmid gab den Figaro, einen Charakter, gegen
0180welchen seine künstlerische Individualität entschieden reagirt. Ist
0181die sprudelnde Lebendigkeit, die Laune und Pfiffigkeit des spani-
0182schen Barbiers überhaupt sehr selten bei deutschen Bassisten an-
0183zutreffen, so liegt sie dem ernsten, gemessenen, etwas starren
0184Wesen unseres vortrefflichen Schmid vor Allem fern. Es war
0185daher kein Wunder, daß sein Figaro etwas Grunddeutsches, Be-
0186häbiges, Zünftiges an sich hatte, daß er nicht sowol aus dem
0187Mittelpunkt des Charakters frei geschaffen, als vielmehr aus
0188ziemlich äußerlichen Factoren desselben zusammengesetzt war.
0189Für diese — ihm kaum zu imputirenden — Mängel der dra-
0190matischen Charakteristik entschädigte Herr Schmid durch die
0191vorzügliche Ausführung des gesanglichen Theiles. Die Arie
0192im ersten Act („non più andrai“) wirkte wahrhaft zündend,
0193wir haben sie seit Staudigl nicht so trefflich gehört. Der
0194großen Arie im letzten Act fehlte nur eine humoristischere Fär-
0195bung und deutlichere Aussprache, um jener ersten würdig zur
0196Seite zu stehen. Die Prosa, wird Herr Schmid sich ent-
0197schließen müssen, langsamer und lauter zu sprechen, will er
0198nicht, wie jüngst, den Abend hindurch so gut wie unverständ-
0199lich bleiben. Ueberhaupt war der gesprochene Dialog der wun-
0200deste Fleck der Darstellung, sie schreit gegen Himmel um Ein-
0201führung von Secco-Recitativen. Die vortreffliche Leistung
0202Herrn Beck’s als Almaviva ist bekannt, Fräulein Krauß 
0203thut als Gräfin, was in ihren Kräften steht.


0204Fräulein Dillner und Herr Lay (Marzelline und Bar-
0205tolo) genügten vollkommen als Sänger, das komische Element
0206ließen sie sich leider völlig entgehen. Man will in diesen un-
0207bedeutenden und albernen Figuren wenigstens ergötzliche Chargen
0208sehen — der Einfluß einer einsichtsvollen Regie scheint hier
0209gänzlich zu fehlen. Von etwas drolligerer Wirkung waren die 
0210Herren Campe und Kreutzer, die die kleinen Rollen des
0211Basilio und des Richters mit Sorgfalt gaben. War die „Hoch-
0212zeit des Figaro“ in ihren wichtigsten Theilen theils trefflich,
0213theils genügend besetzt, so litt trotzdem die Vorstellung, als
0214Ganzes betrachtet, an der deutschen Erbsünde: dem Mangel an
0215Temperament und schlagfertiger Frische. Das Zusammenspiel
0216sollte doch wenigstens an den Titel von Beaumarchais’ 
0217Original-Lustspiel erinnern, welches bekanntlich „Une folle
0218journée“ heißt. Die ernsten Mienen, pathetischen Bewegungen
0219und zögernden Reden fanden überdies in dem schleppenden
0220Zeitmaß mancher Gesangstücke ihr musikalisches Gegenbild.
0221So hat Mozart unter Anderm das Dictirduett im 3. Acte
0222Allegretto“ und nicht Andante überschrieben; das lang-
0223same Tempo raubte dem reizenden Wechselgesang die ihm eigen-
0224thümliche schalkhafte Grazie und rückte es an die Grenze des
0225Elegisch-Sentimentalen. Das Publicum nahm die Vorstellung
0226befriedigt auf, zeichnete Fräulein Stehle vielfach aus und rief
0227nach den Actschlüssen die Darsteller der Hauptpartien.


0228Da Fräulein Stehle in wenig Tagen wieder in München 
0229eintreffen muß, werden wir sie leider in keiner neuen Rolle
0230mehr zu sehen bekommen. Dafür lesen wir mit lebhafter Be-
0231friedigung die Nachricht von einem bevorstehenden längeren
0232Gastspiel dieser Künstlerin am Kärntnerthor-Theater. Möchte die
0233Direction diese Gelegenheit doch verwerthen, um einige ältere
0234Opern, die in München durch Fräulein Stehle eine neue, un-
0235geahnte Anziehungskraft gewonnen haben, auch hier für dies
0236Gastspiel vorzubereiten. Wir erinnern an Weigl’sSchweizer-
0237familie“, Mehul’sJoseph“, Boyeldieu’sRothkäppchen“,
0238Herold’sMarie“, von neueren Opern an „Lalla Rookh“
0239und „Das Glöckchen des Eremiten“, deren Hauptrollen zu
0240Fräulein Stehle’s schönsten Leistungen zählen. Jedenfalls
0241darf Fräulein Stehle, die mit künstlerischen, echten Mitteln
0242sich die Sympathie und Achtung des Wiener Publicums im
0243Fluge erobert hat, des freundlichsten Willkomms gewiß sein.
0244Sie ist ein Talent ersten Ranges, und wenn sie mit dem ihr
0245eigenen Ernst der technischen Ausbildung ihres Gesangs ein
0246wenig nachhilft, kann sie auch eine große Meisterin werden.
0247Die Persönlichkeiten sind so selten, denen der Gesang nicht ein
0248musikalisch formell Aufgenommenes und Wiedergegebenes, denen
0249er vielmehr ein unmittelbares Austönen des Seins, eine ideale
0250Sprache ist. Deshalb haben wir allen Grund, uns zu freuen,
0251wenn die „schwäbische Nachtigall“, sei es auch nur im Wan-
0252derflug, sich wieder bei uns niederläßt.