Neue Freie Presse
Morgenblatt
No. 545. Wien, Mittwoch den 7. März 1866
[1]Concerte.
0002Ed. H. „Wassermusik“, „Feuermusik“ — seltsame Titel
0003zweier ehemals gefeierter Compositionen von Händel! Er-
0004warte ja Niemand irgend eine symbolische oder poetische Be-
0005ziehung dieser Elemente zu dem Inhalt der Compositionen,
0006die überhaupt wenig Elementarisches an sich haben. Zwei
0007Hoffestlichkeiten: eine Wasserfahrt auf der Themse (1716)
0008und ein solennes Feuerwerk aus Anlaß des Aachener Friedens,
0009waren die Gelegenheitsmacher und Taufpathen dieser Musik-
0010stücke. Nach dem Vorgang auswärtiger Concert-Institute
0011führten uns die „Philharmoniker“ am vorigen Sonntag einen
0012großen Theil der Händel’schen „Wassermusik“ vor. Das
0013Original besteht aus etwa zwanzig kurzen, nach Suiten-Art
0014aneinandergereihten Stücken. Herr Capellmeister Dessoff
0015hat mit richtigem Tacte die besten und wirksamsten Stücke
0016(Ouverture, Adagio, Bourrée, Andante, Menuett, Allegro)
0017aus dieser obsoleten Masse herausgesucht. Bei Anhörung der-
0018selben beschränkte sich unser bescheidenes Vergnügen auf das
0019historische Interesse und einige angenehme Nebengedanken mo-
0020dernster Art, nämlich über den unermeßlichen Fortschritt an
0021Leib und Seele, welchen die Instrumental-Musik seit jener
0022gloriosen Wasserfahrt gemacht hat. Den Genius Händel’s,
0023des Meisters im Oratorium, lernt man aus seinen Instru-
0024mental-Compositionen überhaupt nicht kennen; sie verrathen
0025die ganze Starrheit und Schwerfälligkeit einer eben erst sich
0026entwickelnden Kunst, ohne die gewaltige Eigenthümlichkeit
0027Seb. Bach’s auf diesem Gebiet zu erreichen. Weit eher
0028noch können wir uns an den Händel’schen Clavier-Suiten er-
0029freuen, als an dieser „Celebrated Water-Music“, deren grö-
0030ßere Hälfte geradezu ungenießbar ist. Ohne sich durch den
0031großen Namen Händel im mindesten beirren zu lassen, nahm
0032das Publicum die „Wassermusik“ bis zur vorletzten Nummer
0033(Menuett in G-moll) mit lautlosem Schweigen hin; hier erst,
0034wo der dürre Staketenzaun einige Blüthen ansetzt, wurde die
0035Versammlung warm und verlangte den Menuett sogar da
0036capo. Diese Ehre möchten wir dennoch zum größeren Theil
0037der Aufführung zuschreiben, die durch äußerste Zartheit und
0038glückliche Schattirungen der Tonstärke das Stück zu indivi-
0039dualisiren und zu beleben verstand. Dem ganzen Werke sieht
0040man seine Zeit an, nicht aber den Genius eines der Größ-
0041ten dieser Zeit. Die gesunde Kraft, welche die besseren In-
0042strumentalstücke jener Epoche zu charakterisiren pflegt, erscheint
0043uns in der „Wassermusik“ und Aehnlichem überwiegend als
0044monotone Starrheit, Gebundenheit und Schwere. Die 33
0045Jahre später componirte Feuermusik („Music for the royal
0046fireworks“) bewegt sich etwas lebendiger und freier — wir
0047wollen sie darum den „Philharmonischen Concerten“ noch
0048keineswegs zur Aufführung empfohlen haben. Aus der grauen
0049Allgemeinheit dieses Wasserspiegels erhob sich, wie die mär-
0050chenhafte Wunderstadt Vineta, mit zauberischem Reiz Schu-
0051bert’s Musik zu „Rosamunde“. Die beiden Entreactes, be-
0052reits durch die Philharmonischen Concerte bekannt, wur-
0053den auch diesmal mit Vollendung wiedergegeben, mit Be-
0054geisterung aufgenommen. Stimmprächtig und ausdrucksvoll
0055sang Herr Dr. Schmid Stradella’s bekannte Arie: „O del
0056mio dolce ardor“ — eine echt italienische Schönheit.
0057Den Schluß bildete Schumann’s B-dur-Symphonie,
0058die, bereits ein Lieblingsstück unseres Publicums, mit jeder
0059Wiederholung noch lebhafter und tiefer zu wirken scheint.
0060Wäre das Largo ein wenig langsamer genommen worden, so
0061könnten wir die im Uebrigen treffliche Aufführung unbe-
0062dingt loben.
0063Acht Tage zuvor brachte das vierte Gesellschafts-
0064Concert viel Schönes. Catel’s Ouverture zur „ Semi-
0065ramis“, so ziemlich das Einzige, was sich von diesem Com-
0066ponisten erhalten hat, verdient ihr bescheidenes Asyl in den
0067Concertsälen. Von unverkennbar französischem (also theatra-
0068lischem) Pathos, erinnert sie durch ihren ernsten Ausdruck an
0069Gluck, durch die volle Instrumentirung und manchen Effect
0070an Catel’s Zeit- und Gesinnungsgenossen Cherubini und
0071Spontini. Der „Singverein“ trug Mendelssohn’s
007243. Psalm („Richte mich, Gott“) und Schumann’s reizen-
0073des Chorlied „Schön Rothtraut“ so ausgezeichnet vor, daß
0074die Hörer, nicht geneigt, sich davon zu trennen, beide Stücke
0075zur Wiederholung verlangten. Bis hieher dirigirte mit ge-
0076wohnter Auszeichnung Herr Vice-Hofcapellmeister Herbeck;
0077für die Schlußnummer des Concertes übergab er den Tact-
0078stock einem gefeierten Gast, dem General-Musikdirector Franz
0079Lachner aus München. Zum drittenmal und mit einer
0080dritten „Suite“ erschien der jugendlich frische Veteran in
0081Wien, um sein der „Gesellschaft der Musikfreunde“ gewid-
0082metes neuestes Werk selbst vorzuführen. Das Publicum be-
0083grüßte ihn bei seinem Erscheinen und nach jedem Satze der
0084Composition mit anhaltendem Applaus. Die neue Suite in
0085Es-dur (die vierte in der Reihe; eine dritte in F-dur ist
0086hier noch unaufgeführt) theilt die glänzenden technischen und
0087formellen Vorzüge ihrer in Wien so beifällig aufgenommenen
0088Vorgängerinnen in D-moll und E-dur. In der Kunst stren-
0089ger und doch wohlklingender Polyphonie, reicher Figuration
0090und Contrapunktik, endlich in der Meisterschaft der Instru-
0091mentirung steht die neue Lachner’sche Suite jenen beiden
0092nicht nach. An Frische und Eigenart der Ideen bleibt sie
0093hingegen zurück. Die „Arbeit“ herrscht in manchen Partien
0094(besonders dem ersten und vierten Satz) allzu merklich vor
0095und streift dann an Trockenheit; ruft der Componist hierauf
0096als wirksame Gegenkraft die Popularität auf den Kampfplatz,
0097so verfällt er mitunter dem Alltäglichen und Banalen. Schöne
0098Einzelheiten — gleichen Werthes vielleicht, wenn auch nicht
0099gleicher Zahl — hat das neue Werk auch gegen seine beiden
0100älteren Schwestern aufzuweisen, der lebensvoll dahinströ-
0101mende Fluß derselben erscheint aber diesmal doch etwas stockend
0102und ungleich. So beginnt der erste Satz (Es-dur 4/4) sehr
0103hübsch mit einem marschartig einherschreitenden Motiv voll
0104anmuthiger Würde; nach 48 Tacten macht dieses auf Nim-
0105merwiedersehen einem blechgerüsteten Fanfarenthema Platz,
0106das an das Gloria einer Landmesse erinnert. Nur kurz von
0107einem gefälligen Gegenmotiv in B unterbrochen und schließlich
0108kunstvoll damit vereinigt, verläßt uns diese pomphafte Alltäglich-
0109keit nicht wieder; allerdings legt sie nacheinander die reichsten
0110Gewänder an, welche die Fuge und der doppelte Contrapunkt,
0111Augmentation und Engführung nur herbeischaffen können. Das
0112trauermarschähnliche Thema des Andante (As-dur 2/4) ist
0113nicht von bedeutender Erfindung, wird aber in freier Varia-
0114tionenform mit großem Geschick verändert und verwendet;
0115ein idyllisches Andantino in 6/8-Tact läßt den Satz anmuthig,
0116wenngleich etwas weichlich ausklingen. Der dritte Satz („Sa-
0117rabande“, C-moll 3/4) wirkt, obgleich nicht von hervorragen-
0118der Eigenthümlichkeit, durch anmuthig melodiösen Fluß und
0119überaus zierliche Instrumentirung. Das Thema der „Sara-
0120bande“, sowie das vorangehende Andantino am Schluß des zweiten
0121Satzes erinnern stark an Spohr. Der letzte Satz (Es-dur 9/8)
0122ist „Gigue“ überschrieben, obwol er mit dem Charakter dieser
0123alten Tanzform wenig gemein hat. Das Thema hat etwas
0124reckenhaft Gewaltiges; von den Contrabässen angestimmt und
0125als vierstimmige Fuge pompös eingeführt, macht es bald
0126freieren melodischen Gestaltungen Platz (ein Wechsel, der zu
0127den schönsten Kunstfortschritten unserer Zeit gehört), stürzt sich
0128abermals in den brausenden Wirbel der Contrapunktik, um
0129endlich in kräftigem und beschleunigtem Aufschwung zu schlie-
0130ßen. Eine contrapunktische Meisterarbeit voll anziehender De-
0131tails, wirkt diese „Gigue“ schließlich doch etwas ermüdend.
0132Der lärmende Beifall am Schluß der Suite dürfte, so weit
0133wir das Publicum beobachten konnten, noch mehr der ver-
0134ehrten Persönlichkeit des Componisten, als dem Werke selbst
0135gegolten haben — daß die zwei ersten Suiten ungleich auf[2]-
0136richtiger gefielen, ist zweifellos und unseres Erachtens wohl-
0137begründet.
0138Wie Esser’s jüngst gehörte Suite (wir ziehen sie der
0139neuen Lachner’schen vor), ist auch diese auf die Zahl von vier
0140Sätzen herabgegangen, nachdem früher beide Componisten ihre
0141Suiten fünf- und sechssätzig schrieben. Wie die Zahl der Sätze,
0142so ist auch deren ursprünglicher Tanzcharakter bei Lachner
0143und Esser auf ein Minimum reducirt. Endlich erscheint auch
0144das dritte Gesetz der alten Suitenform, die Einheit der Ton-
0145art in sämmtlichen Sätzen, definitiv beseitigt. Wir sehen hierin
0146ein sehr beachtenswerthes Zeichen, daß die modernen Versuche
0147zur Wiedererweckung der alten „Suite“ ihren archaïstischen
0148Ausgangspunkt bereits vollständig verlassen und unter Beibe-
0149haltung des alten Namens sich der Symphonie wieder auf
0150kleinste Distanz genähert haben. Die großen, classischen
0151Schöpfungen in der Symphonie und die daraus quellenden
0152hohen Ansprüche haben in neuester Zeit zwei Umgestaltungs-
0153versuche dieser Form hervorgerufen: Liszt’s „Symphonische
0154Dichtung“, welche den Inhalt der Symphonie in Einen Satz
0155zusammendrängt, und die symphonische „Suite“, die ihn in eine
0156größere Zahl von Sätzen auseinanderbreitet. Beide Versuche
0157scheinen eine eingreifende, allgemeine Wirkung nicht zu üben,
0158sie bleiben fast ohne Nachkommenschaft. Die indirecte gute
0159Folge dürften sie aber haben, daß die Symphonie sich nun-
0160mehr eine größere Freiheit in der Reihung und Gestaltung
0161der Sätze erlauben wird, die schwer zu definierende, aber den-
0162noch unentbehrliche Einheit des Gesammtbildes stets voraus-
0163gesetzt. Es ist nicht einzusehen, warum Künstler wie Lach-
0164ner und Esser sich unter solchen Bedingungen nicht zur
0165Symphonie bekennen sollten — ihre letzten Orchester-Suiten
0166gehören der alten „Suite“ gar nicht und der „Symphonie“
0167jedenfalls mehr an, als irgend einer andern Kunstform.
0168Frau Clara Schumann hat, unter gleichem Andrang
0169und Beifall, ihr sechstes und letztes Concert gegeben. Sie hat
0170uns diesmal noch vollständiger befriedigt, als in früheren
0171Jahren. Möglich, daß etwas von dem fröhlichen Sonnenglanz,
0172den die Jugend über Alles breitet, ihrem Spiel abgestreift
0173sei (wir haben es nicht bemerkt), aber daß es an Wärme
0174und Tiefe des Ausdrucks noch gewonnen hat, scheint uns
0175zweifellos. Man kann das kurze Andante aus Beethoven’s
0176Es-dur-Sonate, op. 27 (es ist unter Anderm auch als
0177„Kyrie“ arrangirt), nicht inniger und stylvoller vortragen.
0178Der phantastische Flug der „Kreisleriana“, das leichte Ge-
0179flatter des Henselt’schen „Vögleins“, Hiller’s verliebte
0180Conversation „zur Guitarre“, die klare Grazie des Men-
0181delssohn’schen Capriccio — Alles gab Frau Schumann
0182mit gleicher Wahrheit und Schönheit wieder. Daß es der ver-
0183ehrten Künstlerin, schon ihrem Geschlechte gemäß, mitunter
0184an der letzten Energie, sowie an kühnem, freiem Humor fehlt,
0185kann Niemanden befremden, immerhin weiß sie auch dem Gro-
0186ßen, Starken, der bewegten Leidenschaft zu genügen und die
0187größten Formen mit sicherer Ueberschau und zusammenhal-
0188tender Kraft zu bewältigen. Besonderen Dank zollen wir
0189Frau Schumann für die Vorführung dreier „Albumblät-
0190ter“ von der Composition des hier wenig bekannten Theodor
0191Kirchner, eines der sinnigsten und gemüthvollsten Ton-
0192dichter der Schumann’schen Schule. Haupt- und Prachtstücke
0193der beiden letzten Concerte waren das Quartett und Quintett
0194(beide für Clavier und Streich-Instrumente) von Schumann,
0195zwei Werke, welche mit dessen Streichquartetten und dem
0196Clavierconcert zu dem classischen Schatz unserer Instrumental-
0197Musik zählen. Die „Phantasiestücke“, op. 80, welche Frau
0198Schumann mit den Herren Hellmesberger und Röver vortrug,
0199stachen dagegen betrübend ab. Dürftig in den Themen, ge-
0200quält und widerwillig in der Ausführung, gleichen diese Stücke
0201weggeworfenen Skizzen, die der Meister in späteren Jahren
0202faute de mieux wieder aus dem Papierkorb genommen, um
0203krank und mißmuthig ihnen die früher versagte Form zu ge-
0204ben. Der Gattin des theuren Mannes darf man es freilich
0205nicht verübeln, wenn sie jedes seiner Werke gern zur Aner-
0206kennung brächte, ja wenn ihr vielleicht alle „gleich liebe Kin-
0207der“ sind. Trotzdem halten wir im Interesse Schumann’s
0208eine sorgsame Wahl gegenwärtig noch für sehr wichtig. Das
0209große Publicum ist mit diesem Tondichter noch lange nicht so
0210vertraut und im Reinen, daß, ohne Nachtheil für diesen, seine
0211Sachen wahllos von Virtuosen und Sängern öffentlich pro-
0212ducirt werden dürften. Dem entspricht die Pflicht des Kriti-
0213kers, die mitunter sehr ungleichen Werthe der Schumann’schen
0214Thätigkeit jederzeit rückhaltlos zu constatiren, eine Pflicht, die
0215desto größer wird, je zweifelloser die Verehrung oder Vorliebe
0216des Kritikers gerade für Schumann. Daß die zahlreichen
0217kleineren Compositionen (Clavierstücke, Lieder) aus Schumann’s
0218dritter Periode mit geringen Ausnahmen tief unter seinen
0219früheren stehen, ist nur zu gewiß, und deßhalb reiche man dem
0220Publicum nicht bröckelnde Reliquien, ehe es den lebendigen,
0221schönen Leib vollständig kennt.
0222Noch seltsamer wird mitunter in der Auswahl Schu-
0223mann’scher Lieder für den Concertgebrauch vorgegangen.
0224„So oft sie kam“ ist ein poetischer Hauch, aber kein Lied,
0225„Lehn deine Wang’ an meine Wang’“ ein leidenschaftlicher
0226Aufschrei, aber kein Lied. Für den Concertvortrag paßt kein
0227Lied, welches aufgehört hat, nachdem es kaum anfing. Auch
0228jene subjectiv grübelnden Stimmungs- oder Verstimmungs-
0229lieber, die mit einer Dissonanz anheben und schließen, taugen
0230schlecht vor die Oeffentlichkeit. Eine gewisse Plastik und klare
0231Uebersichtlichkeit, eine gewisse unumgängliche Ausdehnung muß
0232ein Gesangstück haben, das auf eine größere Versammlung
0233wirken soll. „Mein Herz ist schwer“ (von Fräulein Bettel-
0234heim gesungen) spannt bei aller subjectiven Wahrheit gleichsam
0235jede Faser der Empfindung einzeln auf die Folter; die (von
0236Frau Dustmann gewählten) „Waldlieder“, op. 119, und
0237„Jugendlieder“, op. 79, zeigen ein viel freundlicheres, aber
0238desto unbedeutenderes Gesicht. Und dennoch liegen rechts und
0239links davon im Schumann’schen Liederkatalog die köstlichen
0240Perlen, die noch keine Hand berührte! Wir jubelten, als das
0241letzte Concertprogramm den „Nußbaum“ ankündigte, eines
0242der wunderbarsten Lieder Schumann’s, das seit Jenny Lind
0243Niemand hier gesungen hat. Leider war Herr Walter durch
0244seine angestrengten Seefahrten an der Küste von Afrika ver-
0245hindert, seine Zusage zu halten. In dem vorhergehenden
0246Concert hatte dieser Sänger (den wir überdies nie auf einer
0247unpassenden Wahl betroffen haben) mehrere Lieder von Schu-
0248mann und Schubert unvergleichlich schön gesungen.
0249Noch bleibt das Abend-Concert zu erwähnen, welches im
0250Musikvereins-Saale für den neu errichteten Pensionsfonds der
0251Professoren des Conservatoriums stattfand. Es begann mit
0252Beethoven’s G-dur-Quartett, op. 18 (etwas minder Abge-
0253spieltes hätte man für diesen Anlaß wol spendiren können),
0254und schloß mit Paganini’s „Moto perpetuo“, von zwölf
0255Schülern Hellmesberger’s in kräftigem, tadellosem
0256Unisono vorgetragen. Der kleinste Geiger mit der klein-
0257sten Geige war Hellmesberger’s Söhnchen, dem
0258es hoffentlich beschieden ist, die Ehre seines Familien-
0259namens auch in der dritten Generation zu repräsentiren. Fräu-
0260lein Bettelheim und der treffliche Declamator Herr Le-
0261winsky — Beide leuchtende Muster von Gefälligkeit in
0262dieser Concertsaison — wurden nach Verdienst ausgezeichnet.
0263Die größten Ehren empfing natürlich Frau Schumann,
0264deren Mitwirkung den Abend zierte. Möge die Erinnerung
0265an ihre diesjährigen Erfolge die verehrte Künstlerin bald wie-
0266der nach Wien führen. Sie darf sich und uns nachrühmen,
0267daß ihre ernste, wahre, künstlerische Kunst hier nicht blos an-
0268erkannt, sondern geradezu Mode war. Durch frivole Gegen-
0269bilder von unverdienten Erfolgen, wie sie ja nie und nirgends
0270fehlen, muß man sich nicht beirren lassen. Paßt es doch vor
0271Allem auf die Kunstzustände einer großen Stadt, wenn der
0272jüngstverstorbene unserer großen Dichter uns zuruft:
0273„Das ist zu viel von der Welt begehrt,
0274Daß ihr das Gute allein sei werth;
0275Sie hat dem Guten ihr Recht gethan,
0276Wenn sie’s nimmt zugleich mit dem Schlechten an.“