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Neue Freie Presse
Morgenblatt
No. 1268. Wien, Mittwoch den 11. März 1868

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Oper und Concert.


0002Ed. H. Donizetti’sFavoritin“ hat zu keiner Zeit in
0003starker oder anhaltender Gunst beim Wiener Publicum ge-
0004standen. Dennoch sehen wir nach je sechs oder sieben Jahren
0005stets wieder einen Versuch damit gewagt, ein Zeichen, daß man
0006gewisse Vorzüge dieser Oper als zweifellos betrachtet. Das
0007Textbuch (von Scribe und Royer) ist sehr geschickt und
0008wirksam verfaßt; die Musik enthält zwar in den beiden ersten
0009Acten viel des Unbedeutenden und Monotonen, hebt sich aber
0010in den beiden letzten hoch über die gewöhnliche Opern-Fabrica-
0011tion der Italiener. Wer kurz vorher den „Ernani“ genossen,
0012diese brutale Kirchweihmusik, die trotz allen Talents größten-
0013theils komisch wirkt (Elvira’s: „Ja, ich liebe ihn!“ nach
0014Art eines derben Soldatenfluchs herausgeschleudert, mit ange-
0015hängten Affensprüngen), der hört die „Favorite“ darauf mit
0016einer Art von Andacht. Der vierte Act, dessen Musik sich so
0017weich und ausdrucksvoll der ergreifenden Situation anschließt,
0018ist geradezu das Beste, was Donizetti auf dem Gebiete der
0019ernsten Oper je geleistet hat. Seltsamerweise ist dieser vierte
0020Act eine nachträgliche Ergänzung, gleich manchem anderen be-
0021wunderten Musikstück, das man mit innerer Nothwendigkeit
0022aus der Grundidee entsprossen glaubt. Wie Rossini das
0023Schlußgebet des „Moses“ erst für die zweite Vorstellung nach-
0024componirte, wie Meyerbeer erst während der Proben zu
0025den „Hugenotten“ auf die Idee eines großen Liebesduetts nach
0026der Waffenweihe verfiel, so hat auch Donizetti diesen vier-
0027ten Act zu einer dem Renaissance-Theater zugedachten Oper:
0028L’ange de Nisida“, rasch hinzucomponirt, um letztere in
0029passender Umgestaltung für die Pariser Große Oper tauglich
0030zu machen. Den Darstellern der Leonore und des Fer-
0031nando
bietet „Die Favorite“ bedeutende dramatische Aufgaben;
0032ein Grund mehr, weßhalb man diese in Frankreich ununter-
0033brochen gepflegte Oper auch in Deutschland zeitweilig wieder
0034hervorsucht. Fräulein Ehnn hat die Erwartungen nicht ge-
0035täuscht, die wir ihrer neuesten Leistung entgegenbrachten. Ihre
0036Leonore“, von intensivem Studium und wahrhaft geistiger
0037Durchdringung zeugend, leuchtete in der vollen Frische und
0038Ursprünglichkeit der Jugend. Wort, Ton und Geberde waren
0039hier untrennbar Eines und schufen ein Bild von überzeugender
0040Leidenschaftlichkeit und Wahrheit. Manche von uns wiederholt
0041erwähnte Mängel der Gesangstechnik, insbesondere das Tre-
0042moliren, fehlten auch diesmal nicht. Mitunter, wie in dem
0043Allegro der berühmten Arie im dritten Acte, hatte der Vortrag
0044nicht genug Glanz und Leichtigkeit, die Stimme nicht hin-
0045reichende Fülle für einige tieferliegende Stellen. Edel und
0046ausdrucksvoll klang hingegen das vorhergehende Andante, ein
0047schmerzlich prophetisches Präludiren des tragischen Ausgangs.
0048Ihr Bestes gab Fräulein Ehnn im vierten Acte, wo
0049sie Töne rührendsten Schmerzes anschlug. Hier erinnerte
0050sie mitunter an die Musterdarstellung Johanna Wag-
0051ner’s
und übertraf weit, was ihre Vorgängerin Efil-
0052lag
durch grellste Frescomalerei zu erreichen versuchte.
0053In diesem vierten Acte der „Favorite“ hat uns Fräulein
0054Ehnn einen noch reineren und tieferen Eindruck gemacht, als
0055mit ihren früheren Rollen, und noch rückhaltloser können wir
0056dem Operntheater gratuliren. In Fräulein Ehnn hat es
0057ein großes Talent gewonnen und eine ernsthafte Künstlerin.
0058Von Herrn Adams stand zu erwarten, daß er den Fernando 
0059verständig und angemessen spielen, jedoch durch die Dürftigkeit
0060seiner Stimmmittel von der vollen Wirkung dieser Rolle ab-
0061gesperrt sein werde. Glücklicherweise fand diesmal der letzte
0062Act Herrn Adams nicht ermattet und bot ihm in der dankba-
0063ren, mit warmer Empfindung gesungenen Romanze Gelegen-
0064heit zu besonderer Auszeichnung. Herr v. Bignio, dessen
0065künstlerischer Eifer und Erfolg mit jeder Rolle zu wachsen
0066scheint, war als Fürst von Castilien männlich und vornehm;
0067mit der mezza-voce vorgetragenen Arie im dritten Acte er-
0068zielte er große Wirkung. Für den Comthur wäre vielleicht
0069eine jüngere Kraft als Herr Draxler angezeigt gewesen —
0070indessen hat dieser treffliche Veteran so erstaunlich viel von
0071seinen Mitteln conservirt, daß man über das Eingebüßte zu
0072klagen fast den Muth verliert. Die Aufführung der Oper,
0073für welche wir nur etwas lebhaftere Tänze wünschen, ging un-
0074ter Herrn Esser’s Leitung sehr präcis von statten.


0075Wir erwähnen flüchtig das Wiederauftreten der Tänzerin
0076Fräulein Rotter, welches in der Blumensprache zahlloser Bou-
0077quets und Kränze das Sprichwort: „Blinder Eifer schadet
0078nur“ zu predigen schien, und gehen auf die Concerte über.
0079Auf die wichtigsten nur, denn die Concertmusik schießt jetzt
0080dergestalt ins Kraut, daß ihre vollständige kritische Besorgung
0081zur Unmöglichkeit wird. Man berichtet uns, daß die Sängerin
0082Frau Passy-Cornet sich und ihre Schülerinnen in einem
0083sehr besuchten Concerte auf das erfolgreichste producirte; daß
0084ferner der Lehrer-Sängerchor „Schubertbund“ unter der
0085Leitung des Herrn Franz Mair sich wacker hervorgethan; daß
0086endlich unsere liebenswürdige Altistin Fräulein Gindele als
0087Liedersängerin in einem Wohlthätigkeits-Concerte ungemein
0088gefallen habe. Die Herren Hellmesberger, Dobyhal,
0089Kranzevic und Röver gaben Sonntags ihre letzte Quar-
0090tett-Production (unter Mitwirkung des vielversprechenden klei-
0091nen Hellmesberger) zu allseitiger Zufriedenheit. Wir sprechen
0092nur einen allgemeinen und immer lauter werdenden Wunsch aus,
0093wenn wir die Herren Quartett-Unternehmer ersuchen, künfti-
0094ges Jahr in der Wahl der Clavierspieler, vor Allem der
0095Clavierspielerinnen, etwas strenger vorzugehen. Das Pu-
0096blicum eines so accreditirten Concert-Institutes darf wol
0097verlangen, daß ihm nur vorzügliche Pianisten, und von diesen
0098die besten vorgeführt werden. Die imposanteste Musik-
0099Aufführung der letzten Tage war das „dritte Gesellschafts-
0100Concert“ im großen Redoutensaale unter Herbeck’s Leitung.
0101Das zweite Finale aus Cherubini’sMedea“, eine stolz
0102aufgebaute, charaktervolle Composition, eröffnete das Con-
0103cert. Das Scenische, das dieses Finale auf der Bühne mit
0104großem und bedeutsamem Prunke umgibt, schien dem
0105Auditorium doch mehr, als man vermuthete, abzugehen, so daß
0106die Nummer nicht ganz die gehoffte Wirkung machte. Indem
0107Herr Herbeck überdies die charakteristischen Solostellen weg-
0108ließ, mit welchen Medea, Jason etc. diesen Chorsatz durchflech-
0109ten, hatte er zwar getilgt, was im Concertsaale unverständlich
0110werden konnte, aber auch was die Composition bewegter und
0111farbenreicher macht. Trotzdem sind wir ihm für das „Medea“-
0112Fragment und die Erinnerung an ein echt dramatisches Kunst-
0113werk dankbar, dem wir trotz des verfehlten und veralteten Text-
0114buches gerne wieder im Operntheater begegnen möchten. Als zweite
0115Nummer hörten wir ein Violoncell-Concert, componirt und ge-
0116spielt von Herrn Davidoff aus Petersburg. Herr Davidoff 
0117genießt mit Recht den Ruf eines der bedeutendsten Cello-Virtuosen
0118der Gegenwart. Sein Ton ist groß und edel, sein Vortrag, im
0119Andante von schöner Weichheit und Breite, glänzt im Allegro
0120durch virtuose Bewältigung schwieriger Passagen, namentlich in
0121Octaven-, Terzen- und Sextengängen. Das Publicum wür-
0122digte Herrn Davidoff’s Kunst durch wiederholten Hervor-
0123ruf, nur bedauernd, daß sie nicht eine gehaltvollere, originellere
0124Composition zum Gegenstand hatte. Ueberdies beschäftigt dieses
0125herzlich uninteressante Concert die Bravour des Spielers zu
0126oft und anhaltend in den höchsten Lagen, wo das Violoncell
0127bekanntlich für den Virtuosen wie für den Hörer leicht gefähr-
0128lich wird.


0129Den Beschluß machte Schumann’s Märchen-Cantate:
0130Der Rose Pilgerfahrt“. Es ist Herrn Herbeck’s Ver-
0131dienst, dieses in Wien bisher nur mit Clavierbegleitung auf-
0132geführte Werk zum erstenmale mit ganzem Orchester gebracht
0133zu haben. Ein wahres Verdienst um die Composition selbst,
0134welche in dieser reicheren Gestalt weit lebhafter ansprach als
0135je zuvor. Es verschlägt nichts, daß Schumann ursprünglich[2]
0136selbst nur eine Clavierbegleitung beabsichtigte, hat er doch bald
0137das Ungenügende derselben gefühlt und die Instrumentirung
0138veröffentlicht. Ganz abgesehen von dem kräftigeren Total-Ein-
0139druck, gewannen manche auf bestimmte Orchesterfarben wie von
0140selbst hinweisende Nummern jetzt erst ihren eigentlichen Cha-
0141rakter und vollen, durch Instrumental-Gegensätze bedingten
0142Effect. Wie ganz anders wirken jetzt die Elfenchöre inmitten
0143des feinen, glitzernden Gespinnstes der Geigen, und die Fried-
0144hofsscene, getragen von dem schwermüthigen Klange der tiefen
0145Bläser! Wer hat sie nicht bisher schmerzlich vermißt, die vier
0146Waldhörner in dem Chore: „Bist du im Wald gewandelt“,
0147und lustige Trompeten und Pauken bei dem ländlichen Hoch-
0148zeitsfeste? Der bestechende Eindruck der Instrumentirung hat
0149uns trotzdem nicht von unserer ursprünglichen Meinung über
0150ein Werk abzubringen vermocht, das als Ganzes uns von
0151schwächlicher Erfindung und geradezu bedenklicher Richtung er-
0152scheint. Wir gestehen unsere Antipathie gegen das Gedicht, die-
0153ses „Märchen“ im Geschmacke der sentimentalen Putlitz-
0154Redwitz’schen Goldschnitt-Poesie, welche, unfähig, die echte,
0155eigene Sprache der Natur zu entfesseln, hinter jeden Baum
0156und jede Blume einen redenden Automaten steckt. Die Heldin des
0157Gedichtes ist eine Rose, welche „Jungfrau werden will“, dabei
0158aber schon als Rose, vor der Verwandlung alle menschlichen Begriffe
0159und Empfindungen hat. Diese verjungferte Rose, nicht Mensch,
0160nicht Pflanze, eine ins Botanische übersetzte „Peri“, bildet nun
0161den Mittelpunkt des Ganzen und soll unsere tiefste menschliche
0162Theilnahme erwecken. Das Schlimmste ist, daß diese unnatür-
0163liche, gezierte Poesie mit ihrer bis zur Blumensprache subli-
0164mirten Sentimentalität Schumann’s bereits etwas krankhaf-
0165tes Gemüth vollständig gefangen nahm und nothwendig auch
0166den Charakter seiner Musik bestimmte. Wenn wir einige an-
0167muthig-frische Nummern herausnehmen, so befinden wir uns
0168in einer trüben Dämmerung, in einer Atmosphäre von ent-
0169nervender Weichlichkeit und Schwüle. Lange Strecken hindurch
0170sammeln sich die Töne zu keiner festen Zeichnung, zu keiner
0171plastischen Gestalt; die Umrisse fließen unbestimmt ineinander.
0172Wie in der „Peri“, so ist auch in der „Rose“ (ihrem blassen
0173Abbild) leider das Recitativ verbannt, dies treffliche Mit-
0174tel, blos erzählende Stellen von den geschlossenen lyrischen und
0175dramatischen Formen zu sondern und dadurch Beides zu heben.
0176Wo (wie in der „Rose“) das Recitativ als Arioso behandelt
0177wird und die Arie recitativisch, da verschwimmt leicht Beides
0178in eine graue Monotonie. Die Nummern von geschlossener,
0179strophischer Form, die liedmäßigen Stücke (Jägerchor, Hoch-
0180zeitschor, Duett „von der Mühle“ u. s. w.) bilden deshalb
0181auch die Lichtseite des Werkes, während alles Erzählende und
0182Dramatische der plastischen Festigkeit ermangelt, heimatlos
0183zwischen Epos und Drama schwankend. In der ersten Abthei-
0184lung ragt die stimmungsvolle, tiefsinnig concipirte Friedhofs-
0185scene gewaltig aus allem Uebrigen hervor; die Perlen des gan-
0186zen Werkes finden sich aber im zweiten Theile, wo der Elfen-
0187und Blumen-Mysticismus einem blühenderen, realen Leben
0188Platz macht. Der einzelnen Schönheiten gibt es in diesem
0189zweiten Theile so viele, daß sie das ganze Werk vor der
0190Vergänglichkeit wol zu retten im Stande sind oder wenig-
0191stens sich als selbstständige Musikstücke daraus erretten werden.
0192Die Aufführung verdient alles Lob. Fräulein Helene Mag-
0193nus
ist für zarte, poetische Aufgaben, wie Schumann’s „Rose“,
0194wie geschaffen und wußte durch warme Empfindung, fein
0195nuancirten Vortrag und vortreffliche Declamation zu ersetzen,
0196was ihrer Stimme an Kraft und Metall abgeht. Fräulein
0197Magnus, eine Künstlerin von Kopf und Herz, nebenbei von
0198ausgebreiteter Bildung, hat sich hier rasch eine ehrenvolle Stel-
0199lung errungen; als „poetische Liedersängerin“ ist sie eine Spe-
0200cialität und in dieser Eigenschaft eine werthvolle Bereicherung
0201unseres Musiklebens. Ihre pilgernde „Rose“ — sie wirkte wie
0202der sanfte, vornehme Duft einer Rosa thea — fand die ein-
0203helligste Würdigung. Gerne nehmen wir von dieser schönen
0204Leistung den Anlaß, auf das für den 17. März angekündigte
0205Concert der Magnus besonders aufmerksam zu machen. Die
0206Herren Walter und Bignio sangen die Tenor- und Bari-
0207ton-Partien mit echt künstlerischer Hingebung und Wärme;
0208die kleineren Partien wurden durch Herrn Dr. v. Raindl 
0209und die Damen Schmidtler, Leeder und Kupka auf das
0210sorgfältigste ausgeführt. Da auch die Chöre des „Singvereins“
0211wie das Orchester unter Herbeck’s bewährter Anführung mit
0212Lust und Eifer mitwirkten, so war der Genuß ein großer, un-
0213getrübter. Wie schon bei den früheren „Gesellschafts-Concerten“
0214dieser Saison, so waren auch diesmal mehrere Tage vor der
0215Aufführung alle Plätze vergriffen, obwol die gesammte Direc-
0216tion auf ihre Freiplätze verzichtet und die Zahl der improvi-
0217sirten Nothsessel eine ansehnliche Vermehrung erfahren hatte.
0218Ein erfreulicher Beweis für den außerordentlichen Aufschwung
0219der Gesellschafts-Concerte.


0220Eine Production von geringeren Dimensionen, aber recht
0221interessantem Programm war das am 2. März für den
0222„Pensionsfonds der Professoren am Conservatorium“ gegebene
0223Concert im Musikvereinssaale. Wir hörten ein von Herrn
0224Walter wunderschön gesungenes Lied von Esser, ein von
0225Fräulein Ehnn viel zu theatralisch vorgetragenes von Schu-
0226bert
und schließlich zur angenehmsten Ueberraschung des
0227Publicums zwei von beiden Künstlern zusammen ausgeführte
0228Duette. In Schubert’sNur wer die Sehnsucht kennt“
0229befremdet uns die Vertheilung dieses so ganz individuellen Mono-
0230loges auf zwei Stimmen, von denen z. B. die erste singt: „Es
0231schwindelt mir“, die zweite antwortet: „Es brennt mein Einge-
0232weide“ u. s. f. Schumann’s Zwiegespräch „Unter dem Fenster“,
0233reizend componirt und ebenso reizend gesungen, mußte wiederholt
0234werden. Gesprochene Duette (in pfälzischer Mundart) produ-
0235cirten Frau Haizinger und Fräulein Schneeberger mit
0236liebenswürdiger Laune. Mit vielem Beifall spielte Herr
0237Zellner einen Passacaglio von Froberger auf dem Harmo-
0238nium und Herr Hellmesberger ein neues Violin-Adagio 
0239von Gounod. Letzteres klingt recht hübsch, ist übrigens nicht
0240viel mehr als eine erweiterte und verdünnte Nachahmung der
0241bekannten „Méditation“. Tieferen Eindruck machte Schu-
0242mann’s
kleines Genrebild „Träumerei“ (aus den „Kinder-
0243scenen“), von Herbeck mit seiner Empfindung für
0244Streich-Instrumente mit Sordinen und ein Horn instru-
0245mentirt. Anfang und Schluß des Concertes bildeten
0246zwei Sätze aus Spohr’sNonett und C. M. Weber’s 
0247Trio für Flöte, Cello und Clavier. Ein melancholischer Duft
0248wie von verwelkenden Blumen strömte uns aus diesen einst
0249vielbeliebten und vielgespielten Tondichtungen entgegen.


0250Der „Florentiner Quartettverein“, gab seine
0251fünfte Production im Musikvereinssaale (Schumann’s erstes
0252Quartett die Krone derselben) und seine sechste im kleinen
0253Redoutensaale. Letzterer erwies sich als äußerst akustisch für die
0254Klangwirkungen des Quartetts; bei Stücken wie das Andante 
0255von Rubinstein fühlte man sich an den poetischen Traum
0256von der „Sphärenharmonie“ erinnert. Die Klangschönheit im
0257kleinen Redoutensaale konnte für die zahlreichen Unbequemlich-
0258keiten entschädigen, welche das wie in einem Sklavenschiffe zu-
0259sammengepreßte Publicum zu überstehen hatte. Der Erfolg die-
0260ser Production, welche mit Mozart begann, mit Beetho-
0261ven
endete und drei kleinere Stücke von Haydn, Cherubin 
0262und Rubinstein in die Mitte nahm, war ein außerordent-
0263licher. Mit Beethoven’sEs-dur-Quartett hat der Floren-
0264tiner Verein den wunderbar mystischen Ring der letzten Quar-
0265tette dieses Meisters vollständig durchlaufen (op. 127, 130,
0266131, 132, 135), eine That, welche den Künstlern ebensosehr
0267zur Ehre gereicht, als sie dem Verständnisse dieser Compositio-
0268nen förderlich war. Wir haben keinen Raum mehr, um aus-
0269führlicher von der letzten Production des Becker’schen Quar-
0270tetts zu erzählen. Eigentlich brauchen wir ihn auch nicht, denn
0271das undankbarste Thema für neue kritische Variationen ist und
0272bleibt: das Vollendete.