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Neue Freie Presse
Morgenblatt
Nr. 9458. Wien, Mittwoch, den 24. December 1890

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Concerte.


0002Ed. H. Nachdem uns auf unserer Concert-Patrouille
0003das „Tanzmärchen“ zwischen die Beine gelaufen ist, haben
0004wir Allerlei nachzuholen, nicht Tanzbares, noch Märchen-
0005haftes, immerhin aber musikalisch Interessantes. Das Beste
0006zu Anfang: die treffliche Aufführung von Mendels-
0007sohn’s
Oratorium „Elias“ im großen Musikvereinssaal.
0008Director Gericke hatte das Werk fein und sorgfältig ein-
0009studirt und dürfte durch die großartige Wirkung der Chöre
0010und den stürmischen Beifall des Publicums sich belohnt ge-
0011fühlt haben für so angestrengte Arbeit. Die wichtigste der
0012Solopartien, den Elias, sang Herr Scheidemantel 
0013vom Dresdener Hoftheater. Sein weicher, sonorer Bariton,
0014seine edle Vortragsweise und musterhafte Aussprache hielten
0015in schönstem Verein die Partie durchaus auf bedeutender
0016künstlerischer Höhe. Neben Scheidemantel hatte Frau
0017Materna den größten Erfolg. Leider ist im „Elias“
0018die Sopranstimme nicht so günstig bedacht, wie die anderen
0019Solopartien; sie hat außer dem Duett der Witwe mit Elias 
0020nur eine einzige Arie („Höre Israel!“) im zweiten Theil.
0021Frau Materna brachte beide Nummern durch Energie und
0022Wärme des Ausdrucks zu ergreifender Wirkung. Der Tenor-
0023part wurde ohne Probe von dem tüchtigen und gefälligen
0024Herrn Schittenhelm gesungen. Er hat den plötzlich
0025heiser gewordenen Walter, welchen in solchen Aufgaben
0026überhaupt Niemand ersetzen kann, wenigstens sehr anständig
0027vertreten. Der Altistin Fräulein Mathilde Mayer gelang
0028es, durch echt musikalischen, verständigen und innigen Vor-
0029trag uns von der Reizlosigkeit ihres Organs abzulenken.
0030Auch die kleineren Soli und das Doppelquartett waren von
0031Mitgliedern des „Singvereins“ gut besetzt. So genossen wir
0032denn ungetrübt das schöne edle Werk. Die hochgehende Be-
0033geisterung, welche Mendelssohn’s „Paulus“ und „Elias“ bei
0034ihrem Erscheinen vor einem halben Jahrhundert hervorriefen,
0035macht sich heute freilich nicht mehr so stürmisch geltend.
0036Abgesehen von der Entfremdung unserer Zeit gegen geist-
0037liche Stoffe überhaupt, ist auch ein theilweises Verblassen
0038der Musik nicht wegzuleugnen. „Elias“ leidet an dem Uebelstand,
0039daß der zweite Theil gegen den ersten an Wirkung entschie-
0040den zurücksteht. Die Handlung des ersten Theiles führt uns
0041in Einem großen, dramatisch belebten Zuge von einem Höhen-
0042punkte zum andern: die Schilderung der Hungersnoth, der 
0043Kampf mit den Baalspriestern, die Bitte um Regen mit
0044dem sich anschließenden Dankgebet. Elias steht inmitten als
0045Held, als siegreicher Streiter Gottes. Im zweiten Theil
0046sehen wir ihn als trauernden Märtyrer, aus dem bewegtesten
0047Volksleben heraus in die Wüste versetzt, thatlos, beschaulich,
0048resignirt. Diese Wandlung schwächt auch die Musik, die nur
0049in dem weihevollen Chor „Und der Herr ging vorüber“ die
0050Kraft der ersten Abtheilung erreicht. Trotz der langen Dauer
0051der Aufführung blieb das sehr zahlreiche Publicum bis zur
0052letzten Note auf seinen Plätzen, bei der im Saale herrschen-
0053den Hitze kein geringer Beweis von Kunstsinn. Die neu
0054eingeführte elektrische Beleuchtung zeigt leider nicht den ge-
0055hofften Einfluß auf die Temperatur im Musikvereinssaale;
0056das Uebel steckt hauptsächlich in der mangelnden oder doch
0057mangelhaften Ventilation. So lange nicht da eine Abhilfe
0058gefunden ist, wird uns jedes längere Concert in diesen Räu-
0059men verbittert bleiben.


0060Tags vorher gab der Violin-Virtuose Herr Waldemar
0061Meyer aus Berlin ein eigenes Concert mit Orchester.
0062Schüler Joachim’s, erinnert er auch durch seine ruhige Hal-
0063tung und die solide Objectivität des Vortrages an den Meister.
0064Seine Technik ist sehr bedeutend, sowol im raschesten Passagen-
0065werk wie ganz besonders im mehrstimmigen Spiel. Dem
0066stets angemessenen und würdigen Vortrage hätten wir nur
0067mehr Wärme und Farbe gewünscht. Herr Meyer erregt mehr
0068Respect, als Sympathie oder Begeisterung. Von der schwär-
0069merischen Zärtlichkeit, ohne welche wir uns das Spohr’sche
0070Adagio nicht gut denken können, leuchtete in Meyer’s Vortrag
0071nur ein schwacher kühler Schimmer. Auch in dem Concert 
0072von Brahms sind wir gewohnt, manche entscheidende
0073Stelle rhythmisch bedeutsamer, plastischer hervortreten zu sehen.
0074Immerhin war gerade dieses Tonstück besonders geeignet, die
0075Virtuosität des Künstlers in helles Licht zu setzen. Herr Meyer 
0076wurde nach jedem Stück lebhaft applaudirt und wiederholt
0077gerufen. Nach den vorausgegangenen sensationellen Berichten
0078der Zeitungen über die kostbare Straduari-Geige des Concert-
0079gebers hatte man sich von der Schönheit seines Tones wol
0080übertriebene Vorstellungen gemacht. Daß ein großer Virtuose
0081keineswegs einer alten Cremoneser Geige bedarf, um unser
0082Ohr zu bezaubern, beweist Ondriček, der hier und in
0083Prag auf einer neuen Violine des schnell berühmt gewordenen
0084Wiener Instrumentenmachers Zach concertirte. In Herrn
0085Meyer’s Matinée sang Fräulein Josephine Arnhold die
0086Garten-Arie“ der Susanne mit frischer, hellklingender Sopran-
0087stimme, aber noch unausgereiftem, befangenem Vortrag.


0088Herr Ondriček hat in vier rasch aufeinanderfolgenden
0089Concerten den großen Musikvereinssaal bis auf das letzte
0090Plätzchen gefüllt — eine Thatsache, die an den Concertgebern
0091nicht unbeachtet und ungewürdigt vorübergehen sollte.
0092Ondriček spielte nämlich zu „volksthümlichen“, das heißt sehr
0093mäßigen Preisen und hat damit sich und dem Publicum
0094einen reellen Dienst erwiesen. Daß es den Wienern nicht
0095an Kunstsinn, an Musikbegeisterung fehlt, haben diese Concerte
0096gezeigt. Das Verlangen nach schöner Musik und vortrefflichen
0097Künstlern herrscht hier in allen Schichten. Nicht den Concerten,
0098sofern sie Gutes versprechen, weicht man aus, sondern den
0099hohen Eintrittspreisen. Wenn unsere Virtuosen, falsches Ehr-
0100gefühl überwindend, dem Beispiel Ondriček’s folgen wollten,
0101sie würden ein viel größeres und empfänglicheres Publicum,
0102ein wirkliches, zahlendes Publicum heranziehen. Daß bei
0103hohen Preisen ein Theil des Saales nur mittelst Freikarten
0104gefüllt zu werden pflegt, ist männiglich bekannt. Und selbst
0105das ist nicht immer leicht. Der große Concert- und Theater-
0106agent Hermann Wolff in Berlin, gewiß eine erste Auto-
0107rität in seinem Fach, hat vor mehreren Jahren in einem
0108Salle comble“ überschriebenen Aufsatz dem Laien klar ge-
0109macht, wie schwer es heutzutage ist, selbst durch massen-
0110hafte Ausspendung von Freikarten den vom Concert-
0111geber gewünschten „vollen Saal“ herzustellen. Die Leute
0112wollen in Concerte, die keine eigene Anziehungskraft haben,
0113auch umsonst nicht mehr hineingehen. Berlioz erzählte gern
0114von einem Pariser Virtuosen, welcher angekündigt hatte, es
0115werde jedem Besucher seines Concerts eine Tasse Chocolade
0116servirt werden. Der erste Herr, der sich Abends der Kasse
0117näherte, that dies mit der höflichen Anfrage, ob man nicht
0118die Chocolade bekommen könne, ohne das Concert an-
0119zuhören!


0120Das zweite Concert des Herrn Stavenhagen im
0121Bösendorfer-Saale war abermals von glänzendem Erfolge
0122begleitet. Das Publicum lohnte alle Vorträge dieses Vir-
0123tuosen mit rauschendem Beifalle, schien aber zumeist entzückt
0124von der 13. „Ungarischen Rhapsodie“ von Liszt. Ich
0125meine, jeder Liszt-Schüler und Liszt-Spieler sollte immer
0126eine dieser Rhapsodien auf sein Programm setzen — die Aus-
0127wahl ist groß genug. In diesen farbenglühenden Improvisa-
0128tionen hat Liszt das Glänzendste und Originellste geschaffen,
0129was wir von ihm besitzen. Der exotische Reiz derselben ist doch
0130stets musikalischer Reiz, nicht ein blos malerischer oder
0131symbolischer, welcher sich und uns um Dinge quält, die sich
0132durch Musik nicht darstellen lassen. — Neben Stavenhagen [2]
0133wird es natürlich den übrigen Pianisten recht schwer, sich
0134geltend zu machen. Am annäherndsten gelingt dies der Frau
0135Hopekirk, deren Virtuosität ich bereits im vorigen Jahre
0136zu rühmen Gelegenheit hatte. Auch des Pianisten Heinrich
0137Wottawa soll als eines vielversprechenden und ernst stre-
0138benden Talentes nach Verdienst gedacht sein. Es ist ein
0139rechtes Unglück, daß ein Einzelner gottlob nicht alle Concerte
0140besuchen kann. So muß ich in Bezug auf zwei Pianistinnen,
0141Fräulein Ida Carsten und Fräulein Clotilde v. Bruns-
0142wick
, den Aussagen befreundeter musikalischer Detectives
0143vertrauen. Diese wollen in beiden jungen Damen ein schö-
0144nes Talent entdeckt haben, das sich — wie bei angehenden
0145Concertisten meistens der Fall — vorläufig mehr nach der
0146technischen Seite hinneigt. Sowol Fräulein Ida, als Fräu-
0147lein Clotilde hatte den guten Geschmack, nicht lauter Solo-
0148stückchen vorzuführen, sondern je mit einem Trio (von
0149Beethoven und von Mendelssohn) zu beginnen.


0150Das Concert des Wiener Männergesang-
0151Vereins
ließ auf die unvergleichlich schöne Aufführung
0152von Schubert’sNachthelle“ eine Reihe kleinerer Novitä-
0153ten folgen. Ein Chor von Attenhofer, „Die Mönche
0154von Bangor“, erstrebt seinen Effect in dem Refrain „O mi-
0155serere Domine!“, den der Componist durch unmäßige Wie-
0156derholungen und Steigerungen zu einer förmlichen Opern-
0157scene ausweitet. Musikalisch gehaltvoller ist ein Chor von
0158P. Cornelius, „Der alte Soldat“. Er leidet aber an
0159dem Mißverhältnisse zwischen dem Stoffe und den aufgewen-
0160deten Mitteln; weder das achtzeilige Gedichtchen von Eichen-
0161dorff, noch der musikalische Gehalt des Themas motiviren
0162die grandiose Ausdehnung und verwirrende Stimmenverflech-
0163tung dieser Composition. Einen frischen und freundlichen
0164Eindruck, wie fast alle Kremser’schen Sachen, macht auch
0165dessen Chor „Zwiegesang“. Es ist dasselbe Gedicht, das, von
0166Taubert componirt, durch den wundervollen Vortrag der
0167Jenny Lind halb Europa entzückt hat. Leider läßt
0168Kremser in den Schlußversen beider Strophen die Männer-
0169stimme zu einem so erschütternden Fortissimo anschwellen,
0170daß man nicht sowol „ein Vöglein“ und ein „Mägdlein“,
0171als vielmehr zwei Feuerwehrlein mit einander duettiren zu
0172hören glaubt. In Engelsberg’s reizendem kleinen Chor
0173Leise zieht durch mein Gemüth“ waltet eine feinere Empfin-
0174dung; das ganze Lied klingt in gleichmäßig ruhiger Wärme
0175aus, ohne Ekstase am Schluß. Die beiden Stücke von Kremser 
0176und Engelsberg mußten wiederholt werden. Keck und frisch,
0177ohne Trivialität erklingt R. Heuberger’sWandergut“ 
0178aus seinen eben erschienenen „Drei Chören“ (op. 38), die
0179wol bald Eingang in alle Liedertafeln finden werden. Herr
0180Ferdinand Hellmesberger spielte sein Lieblingsstück, die
0181Träumerei“ von Schumann, wie immer sehr zart und
0182wie immer zu langsam; einmal ausgeträumt, ermunterte er
0183sich zu einer Concert-Polonaise von Popper. Als Vio-
0184loncell-Virtuose längst bewährt, hat Popper erst spät sich zur
0185Composition gewendet; er bringt jetzt das Versäumte recht
0186unbarmherzig ein. Beethoven’s Quintett, op. 16, für
0187Clavier, Oboë, Clarinette, Fagott und Horn, begrüßte man
0188gern auf dem Programm, weil es jetzt äußerst selten mehr
0189auftaucht. Aber einen kräftigen Widerhall in unserer Seele
0190zu wecken, dazu ist das Stück doch gar zu harmlos. Eine
0191jener stillvergnügten, anspruchslosen Gesellschaftsmusiken des
0192vorigen Jahrhunderts, welche den Privatcapellen kunstlieben-
0193der Cavaliere Gelegenheit gab, ihren Herrn zu erfreuen und
0194sich selber auszuzeichnen.


0195Im „Philharmonischen Concert“ kam die dritte Sym-
0196phonie (D-moll) von Bruckner zur Aufführung; dieselbe,
0197die im Gesellschaftsconcert vom 16. December 1877 unter
0198der Leitung des Componisten gespielt worden ist. Herbeck 
0199hatte sie zur Aufführung angenommen, diese aber nicht mehr
0200erlebt. Bruckner unterzog das Werk später einer Umarbeitung,
0201in welcher es jetzt in Partitur und Stimmen bei Th. Rättig 
0202in Wien erschienen und von den Philharmonikern gespielt
0203worden ist. Diese Neubearbeitung unterscheidet sich nicht
0204wesentlich von der ersten Fassung. Sie weist einzelne kleine
0205Striche auf und an manchen Stellen Aenderungen in den
0206verbrämenden Violin-Passagen. Einen einzigen ausgiebigen
0207Strich bemerken wir im Finale; derselbe war aber schon in
0208der ersten Ausgabe durch ein „Vide“ dem einsichtsvollen
0209Dirigenten nahegelegt worden. Nur die Schlußpartie des
0210letzten Satzes hat der Componist gründlich geändert. Der
0211beste Satz ist jedenfalls das Scherzo, ein rasch fortströmen-
0212der Dreivierteltact, von einer bei Bruckner seltenen Consistenz
0213der Form. Auch dem gesangvollen Adagio in Es-dur
0214können wir eine geraume Zeit mit Vergnügen folgen, so
0215lange es sich klar und ohne unmotivirte grelle Ab-
0216sprünge entwickelt. Diese bleiben später nicht aus und
0217trüben, zusammen mit der unleidlichen Ausdehnung
0218des Satzes, den guten Eindruck der ersten Hälfte. Der erste
0219Satz, in welchem sich Nachklänge aus der Neunten Symphonie 
0220mit etlichen Venusberg-Motiven kreuzen, dann das lärmende
0221Finale sind Stücke, die sich in lauter falschen Contrasten
0222bewegen und zersplittern. Sie haben mir denselben unkünst-
0223lerischen Eindruck gemacht, wie die übrigen in Wien gehörten
0224Compositionen von Bruckner, in welchen geistreiche, kühne
0225und originelle Einzelheiten mit schwer begreiflichen Gemein-
0226plätzen, leeren, trockenen, auch brutalen Stellen, oft ohne
0227erkennbaren Zusammenhang wechseln. Wie helle Blitze leuchten
0228hier vier, dort acht Tacte in reiner und eigenartiger Schön-
0229heit auf; dazwischen liegt wieder verwirrendes Dunkel, müde
0230Abspannung und fieberhafte Ueberreizung. Und Alles zu
0231einer Länge ausgedehnt, welche dem geduldigsten Gemüth
0232zur Qual wird. In Bruckner’s Compositionen vermissen
0233wir das logische Denken, den geläuterten Schönheitssinn,
0234den sichtenden und überschauenden Kunstverstand. Daß die
0235D-moll-Symphonie lebhaftesten Beifall fand, wäre viel zu
0236wenig gesagt. Es wurde gestampft, getobt, geschrien; nach
0237jedem Satze mußte der Componist wieder und wieder
0238dankend vortreten. Bruckner ist zwar noch nicht eigentlich
0239Mode geworden — das Parquet lichtete sich schon nach dem
0240ersten Satz und sehr bedenklich nach dem zweiten und dritten — aber
0241er ist Armeebefehl geworden für eine gewisse Partei. Diese
0242tobte auf der Galerie und im Stehparterre mit ihren jungen
0243Händen und Füßen noch fort, nachdem der Saal sich bereits
0244geleert hatte und die Lampen abgedreht wurden. Von Herzen
0245gönne ich dem mir seit dreißig Jahren befreundeten, begabten
0246und ehrenwerthen Mann diesen Jubel, in welchen miteinzu-
0247stimmen mir unmöglich ist. Ich gönne ihm auch den jüngsten
0248Münchener Triumph, dessen Herolde es nur hätten unter-
0249lassen können, Oesterreich zu verlästern und Wien ob der
0250„beispiellosen Vernachlässigung der Bruckner’schen Werke“ ab-
0251zukanzeln. Thatsache ist, daß in Wien Hanns Richter 
0252allein
mehr Aufführungen Bruckner’scher Werke geleitet hat,
0253als seine sämmtlichen Collegen im deutschen Reich zu-
0254sammen
. Der Bruckner’schen Symphonie ging ein Violin-
0255concert in D-dur von H. Grädener voraus, das Herr
0256Adolph Brodsky mit großer Bravour vortrug. Das Stück
0257ist sehr schwer, sehr lang und nicht sehr interessant. Das
0258Beste daran sind die zahlreichen sehr feinen, sich graziös
0259herumwindenden Violin-Passagen. Zu diesem zierlichen Geranke
0260fehlt aber der gesunde musikalische Stamm. Die Herren
0261Grädener und Brodsky wurden übrigens anhaltend applaudirt
0262und gerufen. Ich schließe diesen Bericht mit der hocherfreu-
0263lichen Meldung, daß neben Bruckner und Grädener auch
0264Beethoven einen guten Applaus gehabt hat für seine
0265von den Philharmonikern herrlich gespielte zweite Leonoren-
0266Ouvertüre.