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Neue Freie Presse
Morgenblatt
Nr. 12386. Wien, Dienstag, den 14. Februar 1899

[1]

Musik.

(Hofoperntheater. Zweites Orchesterconcert der Herren Rabaud und d’Ollone.)


0003Ed. H. Im Opernhause sind jetzt zwei interessante musi-
0004kalische Raritäten ausgestellt: „Der Apotheker“ von Joseph Haydn 
0005und „Die Opernprobe“ von Lortzing. Ueber beiden schwebt
0006unsichtbar die Gestalt Mozart’s. An ihn mußte man unwill-
0007kürlich denken bei Haydn und bei Lortzing: Ersterer deutet
0008auf Mozart voraus, Lortzing auf Mozart zurück. Sensation
0009zu machen, uns aufzuregen oder hinzureißen, dafür sind die
0010beiden anspruchslosen Einacter nicht geschaffen, aber als eine
0011freundliche Erholung nach den Gewaltthaten des Nibelungen-
0012liedes und der Iliade erscheinen sie eben jetzt zu rechter
0013Stunde. ... Papa Haydn machte den Anfang. Bekanntlich
0014hat die Fürstin Metternich (die Gott erhalte) vor vier
0015Jahren eine einzige Aufführung des „Apothekers“ als Wohl-
0016thätigkeits-Vorstellung im Carl-Theater veranlaßt mit den
0017ersten Kräften der Dresdener Hofoper. Weder früher noch
0018später hatte Wien dieses allerliebste Rococo-Singspiel zu hören
0019bekommen. Jugendfrisch fortlebend in seinen Oratorien,
0020Symphonien, Quartetten, gehört Haydn doch als Opern-
0021componist zu den Verschollenen. Zu den unrettbar
0022Verschollenen durfte man sagen, bevor sein „Apotheker“ als
0023überraschende Ausnahme uns eines Besseren belehrte. Dieser
0024feiert nun eine zweite Auferstehung in der praktischen und
0025geschmackvollen Bearbeitung Dr. Hirschfeld’s. Director
0026Mahler läßt vor dem „Apotheker“, in Ermanglung einer
0027Ouvertüre, eine Haydn’sche Symphonie spielen, welche den
0028Hörer gleich in die entsprechende musikalische Atmosphäre
0029versetzt. Etwas umständlich vor einem einactigen Singspiel,
0030wurde die Symphonie doch mit außerordentlichem Beifall
0031aufgenommen. In so vollendet feiner Ausführung bekommt
0032man ja Haydn’sche Symphonien nie und nirgends zu hören,
0033wenn überhaupt. Unter fröhlichem Applaus geht der Vor-
0034hang auf. Da stoßen wir gleich auf eine zweite glückliche
0035Neuerung. Zum erstenmale erblicken wir im Orchester ein
0036Pianino, auf welchem Director Mahler die einfachen Reci-
0037tative begleitet. So war es ehemals Sitte, und eine ver-
0038nünftige Sitte. Der Capellmeister kann am Clavier sich dem
0039freien, halb gesprochenen Recitativ leichter anschmiegen; der
0040Eintritt des Orchesters wirkt darauf um so kräftiger. Die
0041Handlung des Stückes ist schnell erzählt. Der Apotheker
0042Sempronio ist ein bornirter Alter, der nach Gewohnheit 
0043aller Lustspielmänner sich um seine schöne Nichte Griletta 
0044bewirbt. In diesem Unternehmen wird er von zwei jungen
0045Leuten gehindert, die beide in Griletta verliebt sind. Der
0046Eine, ein reicher Stutzer Namens Volpino, der Andere,
0047Mengone, ein schüchterner Jüngling, der Griletta zuliebe als
0048Lehrling bei dem Apotheker eingetreten ist. Diese beiden
0049Nebenbuhler, sowol der begünstigte Mengone als der ver-
0050schmähte Volpino, benützen die Leichtgläubigkeit des passio-
0051nirten Zeitungslesers Sempronio zu allerhand eigennützigen
0052Possen. Zuerst erscheinen sie als Notare, um Sempronio’s
0053Heiratscontract aufzusetzen, dann spielt Volpino einen tür-
0054kischen Pascha, welcher dem Alten eine Berufung als Hof-
0055Apotheker nach Konstantinopel überbringt. Schließlich führt
0056der glückliche Mengone die Braut heim. Diese Handlung,
0057die sich im Apothekerladen abspielt, entwaffnet uns durch
0058die Anspruchslosigkeit ihrer possenhaften Komik. Die Musik
0059ergötzt durch naive Anmuth und Drolligkeit; man genießt sie
0060überdies als einen historischen Leckerbissen. Glücklich er-
0061funden und von solider Meisterhand ausgeführt, sind
0062insbesondere die Ensemble-Nummern: das Quartett
0063mit den beiden falschen Notaren und die durch
0064einen kleinen Männerchor verstärkte Türkenscene. Von den
0065Arien wirken am frischesten die erste des Mengone und jene
0066Sempronio’s. Um die hier gestrichene langwierige G-moll-
0067Arie des mit dem Degen herumfuchtelnden Volpino haben
0068wir nicht zu trauern; eher wären noch ein und die andere
0069Kürzung, namentlich der sentimentalen Gesänge, zu befür-
0070worten. An der Aufführung würde Haydn seine Freude ge-
0071habt haben, so dringend er in seiner Bescheidenheit sich dagegen
0072auch gewehrt hat, daß seine für das fürstliche Haustheater
0073in Esterhaz berechneten Singspiele auf große Bühnen ver-
0074pflanzt würden. Den alten Apotheker gibt Herr Hesch voll
0075drastischer Komik, gleich trefflich in Spiel und Gesang. Der
0076böhmisch-deutsche Anklang seiner Aussprache, der in ernsten
0077Rollen mitunter auffällt, stört nicht in der Posse. Einen
0078glänzenden Schmuck besitzt die Vorstellung in Fräulein
0079Michalek (Griletta) und Herrn Schrödter (Mengone).
0080Den Gecken Volpino gibt Fräulein Pohlner ganz gut.
0081Gern würdigen wir das Verdienst Director Mahler’s 
0082um diese anscheinend so leichte kleine Oper, deren Styl dem
0083heutigen Künstlerpersonal ja ganz fremd geworden ist.


0084Lortzing’s einactige komische Oper „Die Opern-
0085probe
“ lehnt sich an ein längst vergessenes Lustspiel von
0086Jünger „Die Comödie aus dem Stegreif“. Schon das
0087Libretto weist auf den Zusammenhang mit einer vergangenen 
0088Zeit: sein Haupteffect beruht, wie im „Apotheker“, auf dem
0089Spaß mit Verkleidungen. Ein flotter junger Baron Adolph
0090Reinthal hat sich heimlich aus dem Hause seines Onkels
0091entfernt, um einer von diesem geplanten Convenienz-Heirat
0092zu entgehen. Von seinem Diener Johann begleitet, kommt
0093er in die Nähe eines gräflichen Schlosses, dessen Besitzer ein
0094Musik- und Theaternarr ist. Das ganze Haus bis zum
0095Küchenjungen herab musicirt. Baron Adolph und sein
0096Diener Johann haben als reisende Sänger sich Einlaß ins
0097Schloß erwirkt und sollen in der bevorstehenden Opern-
0098probe mitwirken. Kaum hat diese begonnen, als plötzlich der
0099alte Baron-Onkel ankommt. Adolph stürzt ihm zu Füßen, um Ver-
0100gebung bittend, und erfährt, daß die ihm zugedachte Braut keine
0101andere ist, als die junge hübsche Comtesse, die bereits sein Herz
0102erobert hat. So endet die unterbrochene Opernprobe mit einem
0103Verlobungsschmaus und allgemeiner Zufriedenheit. Auch des
0104Publicums, können wir beifügen. Die einfache Handlung ist
0105geschickt geführt und mit manchem guten Scherz ausgestattet.
0106Einige Kürzungen in dem allzu geschwätzigen Dialog dürften
0107vielleicht nicht schaden. Die Musik ist echter, unverfälschter
0108Lortzing, wenn sie gleich hinter dem „Waffenschmied“ und
0109Wildschütz“ zurücksteht, vom „Czar und Zimmermann“
0110gar nicht zu reden. An die „Opernprobe“ einen rücksichtslos
0111hohen Maßstab zu legen, vermeiden wir um so lieber, als
0112die komische Oper in Deutschland kläglich verwaist ist, daher
0113jedem ihrer wenigen wackeren Pfleger ein schonendes Privi-
0114legium gebührt, ähnlich dem Beneficium competentiae des
0115Schuldners im römischen Recht. Die Schwächen der Lortzing’-
0116schen Oper möchte ich nicht beschönigen, noch weniger unter-
0117schätze ich ihre Vorzüge. Wir wollen und können heute
0118Lortzing nicht entbehren; kein großer Meister, ist er doch
0119der letzte naive Operncomponist der Deutschen. Wie er-
0120quickend frisch klingt nicht gleich das erste Duett Adolph’s
0121mit dem Bedienten, wie zart die Tenor-Romanze „Ob ich
0122dich liebe?“ Ich erwähne noch das Buffo-Duett zwischen
0123Johann und dem Kammermädchen, endlich das Sextett
0124und das Finale — zwei wirksam ausgeführte En-
0125sembles, deren Hauptthemen uns schon in der Ouver-
0126türe verrathen sind. So weiß uns Lortzing im Ganzen
0127zwar nicht viel Neues zu sagen, aber das Alte sagt
0128er mit gewinnender Heiterkeit, in fließender Rede. Die
0129Opernprobe“ ist Lortzing’s letztes Werk; er schrieb es für
0130das Friedrich-Wilhelmstädtische Theater in Berlin, an welchem
0131er zuletzt, von Sorgen schwer bedrückt, als Capellmeister
0132gewirkt hat. Einige Monate nach seinem Tode (1851) ge[2]-
0133langte die „Opernprobe“ zur Aufführung, um bald vom
0134Repertoire wieder zu verschwinden. Erst in neuester Zeit ist
0135das liebenswürdige kleine Werk gedruckt und an mehreren
0136Bühnen mit Erfolg gegeben worden. Es ziemte und ver-
0137lohnte sich, das Andenken Lortzing’s auch bei uns wieder zu
0138erwecken. In so guter Darstellung dürfte seine „Opern-
0139probe“ sich kaum irgendwo noch präsentirt haben. Voran
0140standen die Herren Naval (Adolph), Demuth (Johann)
0141und Hesch (Graf). Die einzige halbwegs hervortretende
0142Frauenrolle (Hannchen) sang Frau Forster mit der an
0143ihr bekannten zierlichen Correctheit. Die Sängerinnen
0144Michalek und Baier, die Herren Frey und Felix 
0145wußten ihren bescheidenen Rollen die beste Seite abzugewinnen.
0146Daß Mahler am Dirigentenpult saß, brauchen wir eigent-
0147lich nicht zu erwähnen; dirigirt er doch unermüdlich jeden
0148Abend. ...


0149„Welch ganz anderen Einfluß,“ schrieb Saint-Saëns 
0150vor fünfzehn Jahren, „könnte unsere französische Schule ge-
0151winnen, wenn unsere jungen Musiker sich entschlössen, weite
0152Reisen zu unternehmen und während einiger Jahre Pionniere
0153der französischen Kunst zu werden!“ Diesen Wunsch ihres
0154Meisters erfüllen jetzt die Herren Rabaud und d’Ollone.
0155Ob ihre Missionsreise bei uns bleibende Erfolge zurücklassen
0156werde, steht dahin — jedenfalls ist ihre Bemühung,
0157ihr persönliches Eintreten von dem Publicum auf das
0158wärmste anerkannt worden. Ihr zweites Concert begann
0159mit den bereits zu französischen Halbclassikern gediehenen
0160Componisten César Franck und Saint-Saëns. Es
0161schloß mit Lalo und Bruneau, Führern der neuesten
0162Schule, wenn man das noch eine Schule nennen darf.
0163Franck’s D-moll-Symphonie ist wol das beste unter den
0164von Rabaud und d’Ollone dirigirten umfangreichen Werken.
0165Die Aufführung von Franck’s „Seligkeiten“ gab mir
0166vor Kurzem Anlaß, ausführlich von diesem in Mühsal
0167und Bescheidenheit verloschenen Tondichter zu sprechen.
0168Heute genießt er in Frankreich eine posthume Verehrung,
0169die vielleicht über das richtige Maß schon hinausstrebt.
0170Seine Symphonie imponirt als ein Werk von starker ehrlicher
0171Ueberzeugung und bedeutendem Können. Nirgends ein eitles
0172Berechnen äußeren Erfolges, überall der Ausdruck geprägter
0173Individualität. Daß diese gar zu frei und willkürlich waltet
0174im Rahmen der Symphonie, ist nicht zu verhehlen. Wo den
0175Componisten ein Motiv, eine Figur gerade fesselt, da läßt
0176er träumend, schweifend, phantasirend sich ergehen, ohne
0177Rücksicht auf die Proportionen des Ganzen. Franck’s Sym-
0178phonie ist dreisätzig. Im ersten Satze wechseln unablässig das
0179Largo der Einleitung mit dem Allegro; der Hörer kommt
0180zu keiner einheitlichen Stimmung, das Stück nicht zum
0181geraden Emporwachsen. Der zweite Satz vereinigt in
0182ähnlichem Wechsel Andante und Scherzo; aus ersterem
0183klingt viel Zartes und Inniges. Mit einem kräftigen
0184Allegro-Thema setzt das Finale ein, um aber fortwährend zu
0185Reminiscenzen aus den beiden früheren Sätzen zurückzu-
0186greifen. Zu viele Motive lösen einander ab; über ihnen
0187herrscht allerdings ein die ganze Symphonie durchziehendes
0188Hauptthema leider nicht plastisch, nicht charakteristisch genug,
0189um in all seinen Verkleidungen und Verbindungen erkannt
0190zu werden. Diese Unruhe erzeugt im längeren Verlaufe
0191Monotonie und diese Monotonie wieder Unruhe im Zu-
0192hörer. Die Instrumentirung deutet vielfach auf Beethoven;
0193sie hält sich abseits von der Klangspielerei wie von dem Ge-
0194töse der jungen französischen Symphoniker. Nur im ersten
0195Satz fällt die starke Verwendung des Bleches auf; die Baß-
0196posaune unterstreicht da jedes einzelne Wort, das der
0197Autor spricht.


0198Von Saint-Saëns bekamen wir abermals ein
0199größeres Werk zu hören: sein Clavierconcert in C-moll.
0200Es ist dem um die Einführung dieses Componisten hochver-
0201dienten Professor Anton Door gewidmet und in Wien bereits
0202bekannt. Der jüngst gehörten C-moll-Symphonie, in welcher
0203Saint-Saëns sich gewaltsam höher streckt, als er gewachsen
0204ist, ziehe ich das Clavierconcert ohneweiters vor. Die Rück-
0205sicht auf den Pianisten, der doch glänzen will, hält hier den
0206Componisten von gelehrtem Dunkel und schweren Com-
0207plicationen zurück. Der Clavier-Virtuose Saint-Saëns bietet
0208hier dem Tondichter die rettende Hand. Seinem feinen,
0209erfinderischen Talent für Clavier-Effecte verdankt das C-moll-
0210Concert mehr Leben und Farbe, als die C-moll-Symphonie 
0211uns zu bieten hat. Allerdings sind auch hier die reizenden,
0212geistreichen Nebendinge wirksamer als die Hauptsache; die Ge-
0213schicklichkeit größer als die Originalität und Fülle der Erfindung.
0214Fräulein Clotilde Kleeberg spielte das sehr schwierige Concert
0215mit vollendeter Sicherheit und Eleganz. Wie schön aus-
0216gebildet und der feinsten Schattirungen mächtig ist ihr An-
0217schlag! Auch mit vier graziösen kleineren Solostücken von
0218Dubois, Fauré, Saint-Saëns und Cécile Cha-
0219minade
entfesselte die liebenswürdige Künstlerin lang
0220anhaltende Stürme von Applaus.


0221Weiter bescheerte uns das Concert ein paar neue
0222Orchesterstück von Lalo und Bruneau, zwei Führern 
0223der Wagner-Propaganda in Paris. Von Edouard Lalo kennen
0224wir in Wien nur ein Violoncell-Concert von stark gepfefferter
0225Impotenz, das vor etwa 20 Jahren der Pariser Virtuose
0226Fischer hier vortrug. So gut er das Stück auch gespielt hat, man
0227gratulirte sich inbrünstig, wie es aus war. Lalo hatte 30 Jahre
0228lang es zu keinem Erfolg gebracht. Erst am Abend seines Lebens
0229lächelte ihm das Glück: seine Oper „Le roi d’Ys“, die er
0230seit zehn Jahren fertig hatte, wurde angenommen und mit
0231großem Beifalle aufgeführt. Er hat diesen Späterfolg nicht
0232lange überlebt. Die Oper selbst kenne ich nicht, welche
0233C. Bellaigue „eines der fünf bis sechs Meisterwerke
0234nennt, welche Frankreich in den letzten 25 Jahren hervor-
0235gebracht“. Die Ouvertüre hat mich wenig befriedigt. Und
0236doch hat ihre Aufführung der ganzen Oper den Weg
0237gebahnt! Die Einleitung, ein gefühlvolles Andante idyllischen
0238Charakters, kann man, ohne dramatische Gebrauchsanweisung,
0239musikalisch genießen; aber es dauert nicht lange, und ein
0240beispielloser Spectakel von Blechinstrumenten und großer
0241Trommel haut Alles zusammen. Ein ähnliches, noch derberes
0242und unverständlicheres Orchesterstück ist das Vorspiel zum
0243vierten Act der Oper „Messidor“ von Alfred Bruneau.
0244Er gilt für den Feuerbrand unter den Pariser Modernen;
0245schwört nur auf Wagner und componirt nur Zola. Drei
0246Opernstoffe hat dieser Dichter Herrn Bruneau geliefert: „Le
0247rêve“, „L’Attaque de moulin“ und „Messidor“ — durchaus
0248Stücke, die in der Gegenwart, im modernen Costüm und höchst
0249realistischer Prosa spielen. Das „Prélude“ aus „Messidor“ will
0250uns mit derselben Schlinge fangen, wie die Ouvertüre von Lalo:
0251es beginnt ganz menschlich, ja zart und idyllisch. Aber traue
0252dem Niemand! Das Schäferspiel überspringt unversehens in
0253ein Schlachtgetümmel und tobt mit Trompeten und Posaunen,
0254mit Becken, großer und kleiner Trommel, daß uns Hören
0255und Sehen vergeht. Einen musikalisch genießbaren Kern wird
0256schwerlich Jemand herausfinden. Das heutige musikalische
0257Frankreich ist ins Extrem gerathen. Der Geist der fran-
0258zösischen Prosa, Poesie und Musik war ehedem Klarheit und
0259Logik — mitunter bis zur erkältenden Nüchternheit. Jetzt
0260herrscht dort das Gegentheil, und unser wagnerisches junges
0261Deutschland ist von den Franzosen weit überholt. Wir möchten
0262diese an einen ihrer eigenen Classiker, an Diderot, erin-
0263nern. Von ihm ist der Ausspruch: „Le goût de l’extra-
0264ordinaire est le caractère de la médiocrité. Quand
0265on désespère de faire une chose belle, naturelle et
0266simple, on en tente une bizarre.“