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Neue Freie Presse
Morgenblatt
No. 606. Wien, Dienstag den 8. Mai 1866

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Singspiel, Oper und Ballet.


0002Ed. H. Vor Kurzem brachten diese Blätter eine flüch-
0003tige Parallele zwischen italienischen und deutschen Bühnen-
0004sängern, die nicht ganz zum Vortheil der Letzteren ausfiel.
0005Weit schlimmer noch kämen unsere Landsleute davon, wollte
0006man ihre neuesten komischen Opern, Zauberpossen und Sing-
0007spiele mit jenen der Franzosen vergleichen. Zwei musikalische
0008Novitäten, die jetzt im Carltheater und jenem an der Wien
0009floriren, böten reichlichen Stoff dazu: „Das Donauweib-
0010chen
“, von Julius Hopp, und „Die Hexe von Boisy“,
0011von Zaytz. Nach ihrer musikalischen Bedeutung sind beide
0012kaum beachtenswerth, wol aber sind sie es als Prototype einer
0013jetzt einreißenden, unglückseligen Methode, Singspiele zu com-
0014poniren. Wir meinen den Mißbrauch aller dem großen Opern-
0015styl eigenthümlichen Mittel und Ausdrucksweisen für das
0016kleine, leichte Genre. Wenn heute Jemand zu den heiteren
0017Musentempeln an der Wien und in der Jägerzeile pilgert,
0018um sich an graziöser, anspruchsloser Musik von der Wucht
0019Meyerbeer’scher und Verdi’scher Tragödien zu erholen, so
0020dürfte er sich arg getäuscht sehen. Daß er auch bezüglich der
0021Dichtung auf eine ergötzliche, gesunde Komik verzichten muß,
0022wollen wir hier gar nicht berühren, obwol es traurig genug
0023ist, einen ganzen Abend in unseren specifisch „lustigen“ Thea-
0024tern zu sitzen, ohne ein einzigmal herzlich lachen zu können.
0025Was vermag selbst das Spiel einer Grobecker und Gei-
0026stinger
, eines Treumann, Knaack und Albin Swo-
0027boda
gegen so lahme, witzlose Stücke wie die genannten?
0028Nun erst die Musik! Da kommt schon die Ouverture „mit
0029Macht“ angeblasen, wie der Stier von Uri, oder mit einem
0030chromatischen Gewinsel nach Art der Liebesschmerzen Tristan’s
0031und Isoldens; dann bekommen wir Duette à la „Hugenot-
0032ten“, Arien à la „Traviata“, Finale à la „Tannhäuser“ zu
0033hören. Im Singspiel — so dürfen wir der Kürze halber alle
0034musikalischen Lustspiele unserer zweiten Theater im Gegensatz
0035zur großen Oper nennen — berührt uns ein solches carri-
0036kirtes Aufthürmen sämmtlicher Kraft-Effecte verletzender als die
0037dürftigste Einfachheit. Jedes Genre hat seinen Styl, und
0038wenn wir selbst auf alle positiven Eigenschaften eines Sing-
0039spiels verzichten, so verzichten wir wenigstens nicht auf die
0040Eine, daß es maßvoll und einfach sei. Nun höre man aber
0041die Arien und Duette in Hopp’s „Donauweibchen“, und vol-
0042lends das zweite Finale mit seinem Posaunen- und Pauken-
0043lärm, seinen herausgeschrienen hohen b und c! Die Situa-
0044tion ist, daß auf einem Ballfest der Flußgötter „die Donau“
0045eines blonden Ritters wegen eifersüchtig auf „die Theiß“
0046wird! Diese Albernheit wird vom Componisten mit bitterem
0047Ernst und einer wahrhaft brutalen Grandiosität ausgeführt,
0048und das Publicum soll sich tief erschüttert fühlen. So geht es
0049fort, mit einer einzigen Ausnahme (dem Terzett von den
0050Fischen), wo der Componist einen Anlauf nimmt, auch
0051einmal leicht und munter zu schreiben. Der Leser
0052kennt uns gewiß nicht als einen Laudator temporis acti,
0053und wir werden keinem modernen Componisten zumuthen, so
0054knapp und einfach zu schreiben, wie weiland Kauer, Süß-
0055mayer
oder Wenzel Müller. Wir halten Kauer’s altes
0056Donauweibchen“, das von unseren Großeltern vergöttert und
0057nicht selten neben Mozart’s „Zauberflöte“ genannt wurde,
0058für eine ärmliche, geistlose Musik. Aber sie zeigt als Ganzes
0059noch immer mehr künstlerischen Instinct für das Richtige und
0060mehr Einheit des Styls, als ihre pompöse Enkelin im Wie-
0061dener Theater, welcher das alte „Donauweibchen“ überdies
0062als Dichtung weit überlegen ist. Die Lieder der unzähligemal
0063verkleideten Hulda und des Knappen Kasperle haben, or-
0064dinär wie sie sind, doch in Text und Musik ein entschieden
0065volksthümliches, österreichisches Element, das leider unseren
0066neuen Vorstadt-Opern gänzlich abhanden gekommen ist.


0067Herrn Hopp’s Arbeit ist im schlimmen Sinn echt
0068deutsch; sie repräsentirt unsere deutschen Capellmeister zweiten
0069und dritten Ranges, die in einer harmlosen Zauberposse Alles
0070zum Ausbruch bringen wollen, was an verhaltenem Wag-
0071ner
und Meyerbeer in ihnen steckt. In dem kleinsten
0072Singspiel suchen sie uns zu zeigen, daß sie eigentlich für die
0073große Oper, also für etwas ganz Anderes, geschaffen sind.
0074Herr Zaytz, der Componist der „Hexe von Boisy“, nimmt
0075die Sache nicht so blutig-ernsthaft; er war lange genug Re-
0076giments-Capellmeister und Componist in Italien, um zu wis-
0077sen, daß das Publicum von Zeit zu Zeit neben sentimentalen
0078auch derb-lustige Melodien wünscht. Leider hat er sich dort
0079italienischen Ungeschmack insofern angeeignet, als er selbst
0080seine besten Motive so schnell als möglich abbricht, um rasch
0081etwas Anderes folgen zu lassen; sogar in einer kurzen Zwi-
0082schenactmusik (vor dem zweiten Aufzug) wechseln ein halb
0083Dutzend Themen, Ton- und Tactarten. In der Partitur des
0084Herrn Zaytz ist mehr populäres, munteres Element, als in
0085jener des (an musikalischer Bildung ihm überlegenen) Capell-
0086meisters Hopp; schade nur, daß gerade diese gefälligeren
0087Melodien fast ebenso viele Plagiate aus Offenbach sind.


0088Originalität und schöpferische Kraft haben wir somit an
0089den neuen Operetten der Herren Zaytz und Hopp nicht
0090wahrgenommen, obgleich wir aus anderen Compositionen wis-
0091sen, daß Beide nicht ohne Talent sind. Es ist zwar keine
0092übertriebene Forderung, daß Jemand, der drei Stunden lang
0093zum Publicum spricht, auch etwas Erhebliches zu sagen habe;
0094wir wollen aber absichtlich das Maß der natürlichen Bega-
0095bung hier gar nicht berühren. Niemand ist verpflichtet, ge-
0096niale Ideen zu haben; es gibt eben Jeder was er hat. Aber
0097für dasjenige, was der Componist im bestimmten Falle nicht 
0098geben, was er vermeiden soll und kann, darf man wol
0099auch ein mittleres Talent verantwortlich machen. Ist es doch
0100gerade kleinen Talenten vergönnt, durch maßvolle Form
0101und natürliche Einfachheit sich in ihrer Sphäre „liebenswür-
0102dig“ zu erweisen.


0103Und dies ist der Punkt, worin die Franzosen unseren
0104Landsleuten so sehr überlegen sind. Wenn die Herren Hopp,
0105Zaytz, Barbieri, Suppé etc. etc. die Partituren der französi-
0106schen Opéra comique studiren wollten, welche sie als „deutsche
0107Componisten“ vielleicht stark über die Achsel ansehen, sie wür-
0108den erkennen, wie da selbst das Unbedeutende und Oberfläch-
0109liche leicht und elegant behandelt ist. Man nehme beispiels-
0110weise „Das Glöckchen des Eremiten“, die vor wenig Tagen
0111hier gegebene (und wie uns dünkt allzu streng behandelte) komische
0112Oper von Maillard. Sie gehört nicht zum Besten, höchstens
0113zum Mittelgut der französischen Opéra comique und ist
0114sehr arm an bedeutenden musikalischen Ideen — aber wie
0115hoch steht sie an Haltung, an Leichtigkeit des Gesanges, an
0116Feinheit und Bescheidenheit der Instrumentirung über ähnli-
0117chen Werken unserer deutschen Zeitgenossen! Die Arien der
0118Rose Friquet erinnern weder an Meyerbeer’s Prinzessinnen
0119noch an die Heldinnen Verdi’s, das Liebesduett hat nichts
0120gemein mit Raoul und Valentine, die Dragoner singen nicht
0121wie die Wiedertäufer im „Propheten“. Die deutsche Kritik
0122schlug ein Kreuz vor dem „oberflächlichen Zeug“ — immer-
0123hin! — sie wird uns aber gewiß keine Nummer in irgend
0124einer seit zwanzig Jahren in Deutschland erschienenen komi-
0125schen Oper nennen, welche sich mit dem Duett „Moi, jolie?“
0126oder mit dem darauffolgenden Glöckchenterzett vergleichen ließe.
0127An den kleinsten komischen Operetten von Auber, Adam,
0128Thomas, Offenbach können unsere Deutschen lernen, und
0129wäre es nur, wie man dem Publicum mit Grazie sagen [2]
0130kann, daß man in dem Moment eben nichts zu sagen habe.
0131Verkünden uns aber unsere Wiener Componisten, daß ihnen nichts
0132einfällt, so fällt das Haus ein. Kurz, unter so gewaltsamer
0133Behandlung geht das Singspiel kläglich zu Grunde; wenn
0134jedes Gänseblümchen mit Blech beschlagen wird, dann danken
0135wir für den ganzen Frühling.


0136Sollten die Herren uns vielleicht Idealisten schelten,
0137weil wir die Grenzen zwischen den Kunstgattungen und einen
0138Unterschied zwischen Operetten und Verdi’schen Opern beach-
0139tet wissen wollen? Wohl denn, so gehen wir an die rein
0140praktische Seite. Wo finden unsere Componisten auf deutschen
0141Theatern zweiten Ranges die Kräfte für ihre aufreibenden
0142Singspiele? Die überwiegende Mehrzahl der Offenbach’schen
0143Operetten kann man auf der kleinsten Bühne mit vier Per-
0144sonen und einem Miniatur-Orchester geben, und Jedermann
0145singt ihre Melodien nach. Wer aber Tenor- und Sopran-
0146partien, wie die in Hopp’sDonauweibchen“ und der „Hexe
0147von Boisy“ vollkommen zu singen vermag, der ist nicht klug,
0148wenn er auch nur einen Tag beim Singspiel bleibt und nicht
0149sogleich zum Hofoperntheater übertritt. Das sind große Opern-
0150partien, die von den besten Vaudeville-Sängern nur mit An-
0151strengung und Unsicherheit bewältigt werden können. Ein
0152wahres Mitleid erfaßte uns, eine ausgezeichnete Kraft wie
0153Fräulein Geistinger sich an dem „Donauweibchen“ mar-
0154tern und immerfort gegen Klippen geführt zu sehen, an denen
0155ihre (sonst so wohlklingende) Stimme scheitern muß. Wie
0156kämpft Fräulein Meyer’s nettes, kleines Stimmchen mit
0157der hohen Lage der „Hexe von Boisy“, sich selbst zum
0158Nachtheil und Niemandem zur Lust. Und doch wurden diese
0159beiden Rollen ausdrücklich für Fräulein Geistinger und
0160Fräulein Meyer geschrieben, d. h. für den stimmlichen Ruin
0161dieser beiden Sängerinnen. Glänzende Talente wie die Gei-
0162stinger
und Albin Swoboda, welche im Fach der leichten
0163Operette unvergleichlich sind und darin jahrelang ungeschwächt
0164wirken könnten, werden durch solche Schrei- und Bravour-
0165partien in eine falsche Stellung gedrängt und frühzeitig
0166ruinirt. Und das soll praktisch sein? Fürwahr, noch weit we-
0167niger, als es künstlerisch ist. Die neue Sängerin des Carl-
0168theaters, Frau Friedrich-Materna, deren volle, kräftige
0169Stimme wir mit großem Vergnügen hörten, hält derlei Auf-
0170gaben jetzt noch trefflich aus, in ihrem Interesse läge es
0171aber mehr, ihr schönes Organ allmälig auszubilden, als es
0172rasch zu vernutzen. So viel wir beobachten konnten, beschränkte
0173sich der Antheil des Publicums in beiden Operetten zunächst
0174auf die Ausstattung, die besonders im Carltheater vor-
0175züglich ist: sodann auf die Leistungen von zwei oder drei
0176beliebten Mitgliedern, wozu Herr Karl Swoboda, der von
0177den Musen gänzlich enterbte jüngere Bruder unseres Albin 
0178Swoboda, nicht gehört. Die Musik nahm man geduldig mit
0179in den Kauf. Den Directoren Treumann und Stram-
0180pfer
soll die Anerkennung nicht vorenthalten bleiben, daß sie
0181die Thätigkeit einheimischer Componisten aneifern und durch
0182luxuriöse Aufführungen unterstützen — wir wünschen nur, die
0183Componisten selbst möchten ihr Genre richtiger erkennen und
0184jene Unterstützung durch die That rechtfertigen.


0185Im Hofoperntheater sehen wir die italienischen
0186Vorstellungen erfolgreich fortgesetzt, bei stets gleicher Vor-
0187züglichkeit der Gesangsleistungen und gleicher Monotonie des
0188Repertoirs. So lange nicht der regelmäßige Wechsel zwischen
0189Barbiere“ und „Cenerentola“, „Regimentstochter“ und „Liebes-
0190trank“ durch etwas Neues unterbrochen wird, können wir
0191mit bestem Willen von der italienischen Oper auch nichts
0192Neues sagen.


0193Das Ballet brachte nach dem mit mäßigem Beifall
0194aufgenommenen Gastspiel der Tänzerin Stefanska jenes
0195der Signora Pocchini. Fräulein Stefanska hat mehr
0196Temperament und eine viel ausgebildetere Mimik; es fehlt
0197ihr zur gefeierten Tänzerin vielleicht nur das Eine entschei-
0198dende Talent: schön zu sein. Madame Pocchini, die ge-
0199schultere, ruhigere Tänzerin, trat in dem hier bereits bekann-
0200ten Borri’schen Ballet „Die Gauklerin“ auf, welches jetzt
0201aus schwer begreiflichen Gründen zur „Gazella“ umgetauft
0202worden ist. Die seit Aufführung der „Gauklerin“ verflossenen
0203zehn Jahre scheinen weniger das Ballet selbst, als die Dar-
0204stellerin der Titelrolle umgeformt zu haben. Die kleine Ge-
0205stalt der Pocchini hat eine entschiedene Tendenz nach der
0206Breite genommen und ihr ganzes Wesen einen Ausdruck fa-
0207milienhafter Behäbigkeit. Bekanntlich glänzte diese Tänzerin
0208vor zehn Jahren durch eine gewisse muthwillig-capriciöse
0209Kindlichkeit, sie war eine Art tanzende Goßmann — eine
0210Specialität, für welche Jugend und Schlankheit unschätzbare
0211Hilfsmittel sind. Der reichliche und wohlverdiente Beifall, den
0212Signora Pocchini auch jetzt noch erntete, spricht laut für die
0213Vorzüge ihrer Tanzkunst. Ihre Technik hat sich offenbar noch
0214vervollkommt und erhebt sich in vielen Einzelheiten zur Vir-
0215tuosität. So sind z. B. ihre Fußspitzen erstaunlich geschulte
0216Werkzeuge einer ungewöhnlichen Muskelkraft, mag nun die
0217Tänzerin in raschem, gleichem Tempo über die ganze Länge
0218der Bühne trillern oder, mit weitvorgebeugtem Körper, auf
0219einer Fußspitze sich langsam selbst umschweben. Die Virtuo-
0220sität der Füße führt in Madame Pocchini’s Tanz fast
0221allein das Wort, ihre Arme sind stumm und die Mienen
0222sagen nichts. Ein so ausdruckslos stereotypes Lächeln, eigentlich
0223ein versteinertes Lachen die ganze Breite des Mundes ent-
0224lang, ist uns selten vorgekommen. Kaum daß es in den tra-
0225gischesten Scenen für Secunden verschwindet. Als zu Anfang
0226des dritten Actes „Gazella“ bewußtlos hereingetragen und
0227auf einen Divan gelegt wird, änderte Madame Pocchini 
0228ihre Lage und nahm — Alles in der Ohnmacht — eine ma-
0229lerische Pose an, wie sie seit Erschaffung der Welt niemals
0230ein Ohnmächtiger producirt hat. Als Darstellerin erhebt sich
0231Madame Pocchini nirgends über das Gewöhnliche, sie exce-
0232lirt nur in den Bravour-Arien; die „Recitative im Ballet“
0233(wie Heinrich v. Collin die dramatischen Scenen treffend
0234bezeichnet) umschreibt sie blos mit den allgemeinsten conven-
0235tionellen Linien.


0236Das Borri’sche Ballet selbst zählen wir, trotz seiner
0237ärmlichen und abgenützten Handlung, zu den unterhaltenderen.
0238Es enthält eine Anzahl großer Ensembletänze (Danse napo-
0239litaine, Bacchanale, Valse, Finale), die an sinnreicher Com-
0240bination, an malerischen Gruppen- und Farben-Effecten, end-
0241lich an hinreißender, durch nationale Charakteristik gehobener
0242Lebendigkeit mit dem Besten dieser Art wetteifern können.


0243Von dem Tänzer Herrn Baratti aus Neapel vermö-
0244gen wir auch diesmal nur zu wiederholen, daß er viel Applaus
0245erhielt und von Kennern gelobt wird. Wir haben kein Ur-
0246theil über seine Kunst. Von ballettanzenden Männern inter-
0247essirten uns immer nur die komischen; wir danken Frap-
0248part
und Price vergnügte Momente, die vergnügtesten mit-
0249unter in manchem langen Ballet. Für die ernsthaften Tän-
0250zer, die lyrischen Tenore des Ballets, besitzen wir leider kein
0251Verständniß; in unserer Unwissenheit halten wir sie Alle für
0252den Nämlichen, und Alles was sie ausführen, für das Näm-
0253liche. Zürnend erscheint vor uns der Geist des alten Stroh-
0254lendorf
, jenes allbekannten, feierlich verwitterten Chevaliers,
0255der durch 50 bis 60 Jahre keine Balletvorstellung ausließ.
0256Das war ein Kenner — nicht wir! In der Tanzkunst ver-
0257ehrte er die höchste Blüthe menschlichen Geistes; jede Dre-
0258hung war ihm ein Argument, jedes Entrechat ein Gedicht.
0259Allzeit in Frack und weißer Cravate, Schuhen und Strüm-
0260pfen, glich er dem Geist, den er begriff. Eines Tages be-
0261wunderte er in der Schönbrunner Menagerie die Sprünge
0262eines großen Affen, über welche Castelli an seiner Seite
0263sich zu Tode lachen wollte. „Lachen Sie nicht,“ verwies ihn
0264Strohlendorf sehr ernsthaft, „das ist schwer.“