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Neue Freie Presse
Morgenblatt
Nr. 9492. Wien, Mittwoch, den 28. Januar 1891

[1]

Ferdinand Herold.

(Zum hundertjährigen Jubiläum.)


0003Ed. H. Heute vor hundert Jahren, am 28. Januar
00041791, ward Ferdinand Herold, der Componist des „Zampa“
0005und des „Zweikampfs“, in Paris geboren. Durch sein inten-
0006sives, eigenartiges Talent und dessen starke, nachhaltige Wir-
0007kungen behauptet Herold einen ausgezeichneten Platz in der
0008Geschichte der französischen Oper. Seine Nation zählt ihn
0009zu ihrem Ruhmesbesitz und nennt ihn vorzugsweise den
0010„Poeten der französischen Musik“, auch den „französischen
0011Weber“. „Herold avait la qualité, moi j’ai la quantité,“
0012äußerte Auber, um den Unterschied zwischen ihnen Beiden
0013zu charakterisiren. Der Componist der „Stummen von
0014Portici“ ist hier ungerecht gegen sich selbst, denn auch ihm
0015verdanken wir Werke von „Qualität“ — allein ein Körnchen
0016Wahrheit steckt doch in seinem Aperçu. In seinen besten
0017Momenten zeigt Herold’s Talent mehr Tiefe und mehr Farbe,
0018als Auber’s leicht hinflatternde Musik. Der Zeit nach Frankreichs
0019erster romantischer Componist, hat Herold auch in Deutschland die
0020lebhaftesten Sympathien gefunden, ja mit seinem „Zampa“
0021hier stärker und nachhaltiger gewirkt, als in seiner Heimat.
0022Auf die Festvorstellung, mit welcher Paris heute den hun-
0023dertsten Geburtstag seines Lieblingscomponisten feiert, dürfte
0024nur die allgemeine Trauer über Delibes’ plötzliches Hin-
0025scheiden einen dunklen Schatten werfen. Nicht nur sämmt-
0026liche Opernbühnen Frankreichs, auch die hervorragendsten
0027deutschen werden den Tag mit der Aufführung eines Herold’-
0028schen Werkes feiern. Es würde sich ein Gleiches auch für
0029Wien geziemt haben. Erst kürzlich, bei den Gastspielen
0030Bulss’ und Scheidemantel’s, hat sich die unversehrte
0031Lebenskraft des „Zampa“ — nach sechzig Jahren — neuer-
0032dings bewährt, und auch „Der Zweikampf“ wäre ähnlicher
0033Theilnahme sicher, wenn unser Operntheater ihn gut zu be-
0034setzen vermöchte. In den Dreißiger- und Vierziger-Jahren
0035gehörte Herold zu den populärsten Componisten in Wien. 
0036Zampa“ war schon zwei Jahre nach seiner Pariser Pre-
0037mière in Wien eingebürgert, eben so schnell der „Zwei-
0038kampf“. Und dies zur Zeit unserer reichsten Opern-
0039Ernte aus Frankreich, Italien und Deutschland, da
0040man nicht, wie heute, durch Mißwachs ausgehungert,
0041nach jedem anständigen Mittelgut zu greifen genöthigt war.
0042Die Wiener Oper ist Herold tief verpflichtet. „Zampa“ hat
0043in vier Theatern das Publicum angelockt: in der Hofoper,
0044an der Wien, in der Josephstadt, zuletzt am Schottenring.
0045Unsere bedeutendsten Sänger: Wild, Binder, Breiting, Erl,
0046Pöck, Pischek, wetteiferten in der Titelrolle. Auch „Der
0047Zweikampf“ hatte bei uns eine Periode größter Beliebtheit;
0048kleinerer Opern von Herold, wie „Marie“, „Das Zauber-
0049glöckchen“ u. a. gar nicht zu gedenken. In dem Reigen der
0050musikalischen Hauptstädte, welche Herold’s Jubiläum feiern,
0051glänzt Wien — durch seine Abwesenheit. Es spielt wieder
0052dieselbe traurige Rolle, die das Hofoperntheater an dem
0053hundertsten Geburtstage von Spohr, von Boieldieu 
0054und von Auber gespielt hat.


0055Ferdinand Herold entstammte einer Musikerfamilie deut-
0056scher Abkunft. Der Großvater war Organist in einem elsäs-
0057sischen Städtchen; der Vater, im Elsaß geboren, hatte in
0058Hamburg bei Ph. Emanuel Bach studirt und später als
0059Clavierlehrer seinen Wohnsitz in Paris genommen. Er hat
0060eine Menge Sachen für Clavier und für Harfe componirt.
0061Sein Freund und Landsmann Louis Adam, Vater
0062des Componisten des „Postillon von Lonjumeau“
0063und Gründer einer berühmten Clavierschule, war
0064der Pathe Ferdinand’s. Der Tod des alten Herold 
0065versetzte die Witwe in peinliche Sorgen um die Zukunft ihres
0066Sohnes. Nur für Musik passionirt, wollte dieser von einer
0067Beamten-Carrière nichts hören, obwol der Minister Chaptal 
0068ihm Anstellung und Beförderung versprach. Da hatte die
0069Mutter den kühnen Einfall, eine Composition des zwölf-
0070jährigen Ferdinand dem alten Grétry vorzulegen. Der
0071berühmte Componist des „Richard Löwenherz“ prüfte das
0072Stück aufmerksam und reichte es der Mutter mit den
0073Worten: „Das ist voller Fehler; aber er soll nur fortfahren.
0074Sie können sicher auf seine Zukunft zählen.“ Die brave 
0075Frau hat das Eintreffen dieser Vorhersagung erlebt, sie hat
0076den Triumph des „Zampa“ und des „Zweikampfs“ erlebt,
0077aber auch den herbsten Schmerz: ihren Sohn um volle
007827 Jahre zu überleben. Sechzehnjährig trat Herold ins
0079Conservatorium, ein tüchtiger Violinspieler und Pianist
0080ersten Ranges. In der Composition unterrichtete ihn
0081Méhul. Er liebte den Jüngling zärtlich und be-
0082wahrte ihm zeitlebens die treueste Freundschaft. Als
0083preisgekrönter Stipendist der Regierung ging Herold 
0084nach Rom und ein Jahr später nach Neapel, wo er die
0085Töchter Murat’s im Clavierspiel unterrichtete. Am 5. Ja-
0086nuar 1815 erlebten die Neapolitaner ein seltenes, merkwür-
0087diges Schauspiel: sie hörten und applaudirten eine von
0088einem Franzosen componirte italienische Oper. Das war „Die
0089Jugend Heinrich’s des Fünften“ von Herold. Die Oper gefiel
0090und erhielt sich auf dem Repertoire. Der junge Autor schrieb
0091sehr unbefangen darüber in sein Tagebuch: „Ich glaube, es
0092ist ein verfehltes Werk. Bei jeder Aufführung entdecke ich
0093neue Fehler: unbedeutende Phrasen, Längen, Ideen, die
0094hübsch im Zimmer und unwirksam im Theater sind. Ich
0095will aus diesem Versuche Nutzen ziehen für künftige bessere
0096Arbeiten.“ Die Italiener warfen ihm vor, Mozart zum
0097Vorbild genommen und „gelehrt“ geschrieben zu haben. Er
0098läßt sich nicht beirren und schreibt an seine Mutter: „Das
0099ernsthafte Genre der Italiener halte ich für schlecht; ich will
0100in Deutschland studiren.“ Der vierundzwanzigjährige Herold,
0101von Méhul in ernster Schule erzogen und stets für deutsche
0102Tondichtungen eingenommen, fühlte sich während seines zwei-
0103jährigen Aufenthaltes in Italien immer mehr von der ita-
0104lienischen Musik abgestoßen. Im selben Maße wächst
0105seine Sehnsucht nach Deutschland, vor Allem nach
0106Wien. Unter vielen Mühen und Gefahren unternimmt
0107er die Reise. In Venedig hört er noch den berühmten
0108Sopranisten Velluti im letzten Stadium seines Ruhmes.
0109Ein sonderbarer Kauz; was er im Alter an Tönen ein-
0110büßte, das ersetzte er an Federn auf seinem Helm. Er
0111wollte schließlich in jeder Oper sein erstes Entrée nur zu
0112Pferde machen, und zwar von einem Hügel herab, aus dem
0113Hintergrunde der Bühne. Vierzehn Tage nach seiner Ab[2]-
0114reise von Venedig erreicht Herold in miserablem Zustand
0115Wien. Mit Mühe gelingt es ihm, der keinen Paß besitzt,
0116Aufnahme in einem kleinen Vorstadtwirthshaus zu finden.
0117Seine Lage wird immer bedenklicher; Oesterreich im Krieg
0118mit Frankreich, die Polizei auf der Jagd nach ausweislosen
0119Fremden und französischen Spionen. Nach vielen verge-
0120blichen Schritten, eine Aufenthaltsbewilligung zu erlangen,
0121klopft er endlich an die Thür des Hofcapellmeisters
0122Salieri. Dieser vielverlästerte und doch stets hilfreiche
0123Mann verschafft dem jungen Unbekannten Zutritt zum Fürsten
0124Talleyrand, dem Vertreter Frankreichs beim Wiener Congreß.
0125Herold bleibt fortan unbelästigt. So oft als möglich besucht
0126er das Kärntnerthor-Theater. Er ist entzückt von dem
0127Wiener Orchester, entzückt von den Opern Salieri’s,
0128Gyrowetz’, Weigl’s, am meisten aber von der „Zauber-
0129flöte“.


0130Herold war ein Kind der Stimmung, des augenblick-
0131lichen Eindrucks. Er spottet selbst über seine wetterwendige
0132Natur: „Jetzt, wo ich ruhig in Wien leben kann, brenne
0133ich vor Verlangen, abzureisen.“ Und seitdem er italienische
0134Musik nicht mehr zu hören bekommt, befällt ihn eine Art
0135Sehnsucht nach ihr. „So sehr ich zufrieden bin,“ schreibt
0136er in seinem Tagebuch, „Italien verlassen zu haben, um den
0137deutschen Geschmack zu studiren, ich erkenne doch, daß es
0138vielleicht gefährlich wäre, ausschließlich diese starke, gedrängte
0139Musik zu hören, die nur zum Ohre und zum Verstande
0140spricht, nicht zur Seele. Ach, was habe ich nicht Alles der
0141italienischen Musik Böses nachgesagt! Jetzt erkenne ich mein
0142Unrecht täglich mehr.“ Man sieht, in seinem Innern bereitet
0143sich ein Compromiß vor zwischen deutschem und italienischem
0144Styl, im Sinn und Geschmack seiner eigenen, der franzö-
0145sischen Nation. Auf dem Rückweg nach Paris verweilt Herold 
0146in München. Immer hinterher nach seinem Ideal, der
0147deutschen Musik, eilt er in ein großes, vom ganzen Hof
0148besuchtes Concert. „Un Mr. Weber, directeur du théâtre
0149de Prague“, spielt ein Clavier-Concert und ein Duo mit
0150Clarinette eigener Composition. Herold findet sein Spiel
0151virtuos, doch ohne Geschmack; in der Composition nicht Eine
0152schöne Idee; das Clarinett-Duo zum Einschlafen.“ Dieser „Mr.
0153Weber“ war kein Anderer, als der Componist des Freischützen, 
0154den Herold später so schwärmerisch verehren sollte.*) Der
0163Aufenthalt in München war das letzte Capitel in Herold’s
0164musikalischer Reisenovelle. Wir finden ihn im Herbst 1815 
0165wieder in Paris. Er erlangt trotz aller Bemühungen kein
0166Textbuch, wol aber eine vorübergehende Anstellung an der
0167von Madame Catalani dirigirten italienischen Oper, als
0168Gesangs-Correpetitor und Begleiter auf dem Clavier. Die
0169Catalani wollte nur immer allein glänzen, und da sie eine
0170ebenso klägliche Darstellerin war, wie blendende Concert-
0171sängerin, deren Stimme keine Seele hatte, sondern nur
0172Raketen, so war das Theater durch ihre Direction bald voll-
0173ständig ruinirt. Im Begriff, eine große Concerttour durch
0174ganz Europa zu machen, wünschte sie Herold als „compo-
0175siteur-accompagnateur“ mitzunehmen. Schon hatte er, nach
0176langem Zaudern, zugesagt, als ein unvermuthetes Ereigniß
0177ihn in Paris zurückhielt, und zwar für sein ganzes Leben.
0178Boieldieu, der Componist der Weißen Frau, läßt eines
0179Tages den ihm persönlich unbekannten Herold zu sich bitten
0180und sagt ihm mit freundlichem, zeitweilig von Schmerzen
0181verzerrtem Lächeln: „Ich habe jetzt eine Oper in der
0182Arbeit, komme aber, von der Gicht gepeinigt, nicht recht
0183vorwärts. Der erst Act ist fertig — wollen Sie den
0184zweiten componiren?“ Wie von einem Blitz der Vorsehung
0185getroffen, blieb Herold einige Minuten sprachlos, dann nahm
0186er an und hat dem Meister, der ihm so großmüthig eine
0187Carrière eröffnete, zeitlebens die rührendste Dankbarkeit be-
0188wahrt. Sie blieben von dem Augenblick herzliche Freunde;
0189dem Aelteren von Beiden war es bestimmt, den Jüngeren
0190zu beweinen. Ihre gemeinsam componirte Oper war ein
0191Gelegenheitsstück, das als musikalisches Feuerwerk zur Hoch-
0192zeit des Herzogs von Berry abgebrannt werden sollte. Es
0193hieß „Charles de France“ und wurde mit Erfolg gegeben.
0194Als Mitarbeiter Boieldieu’s durfte Herold sich nunmehr an 
0195namhafte Textdichter heranwagen. Théaulon gab ihm
0196sein Libretto „Les rosières.“ Diese Oper, in welcher Herold 
0197noch nicht sich selbst gefunden, sondern bald Mozart’s, bald
0198Mehul’s Styl nachgeahmt hatte, fand ob einiger reizender
0199Melodien großen Beifall und zahlreiche Wiederholungen. Noch
0200dasselbe Jahr (1817) brachte Herold’s Zauber-Oper „Les
0201clochettes
“. Das Sujet ist das bekannte Märchen von
0202Aladin und seiner Wunderlampe. Man hatte nur die
0203Lampe in ein Glöckchen verwandelt und den Namen Aladin 
0204in Azolin, aus Rücksicht für eine von der Großen Oper
0205angenommene „Wunderlampe“ von Nicolo Isouard,
0206welche aber erst fünf Jahre später zur Aufführung kam.
0207Das „Zauberglöckchen“ war der erste große Erfolg Herold’s
0208und ein Kassenmagnet für das Theater. In Wien wurde
0209das „Zauberglöckchen“ 1821 mit zwei Gesangseinlagen von
0210Franz Schubert gegeben. Auch Ballette für die Große
0211Oper componirte Herold, sechs an der Zahl, von denen „La
0212fille mal gardée“ und die „Somnambule villageoise“ (mit
0213Scribe) die beliebtesten waren. Die Kunst, Balletmusik zu
0214schreiben, war damals nicht viel mehr, als eine Kunst des
0215Arrangirens. Die Melodien, welche der Componist aus alten
0216und neuen Werken entnahm, oft auch aus Vaudeville-
0217Refrains und Straßenliedern, sollten nur die Pantomime
0218der agirenden Personen erklären. Das geschah oft am besten
0219durch ein Erinnerungsmotiv aus irgend einem bekannten
0220Stück. So hat Herold zu dem Streit der beiden Bäuerinnen
0221in der „ländlichen Nachtwandlerin“ das bekannte Zankduett
0222aus „Maurer und Schlosser“ sehr glücklich angebracht. An
0223graziösen Stücken eigener Erfindung ließ er es übrigens auch
0224im Ballet nicht fehlen.


0225Wir kommen nun zu den drei Opern, welche Herold’s
0226Ruhm begründet und weit über Frankreichs Grenzen hinaus
0227verbreitet haben. Die erste, „Marie“ (in Deutschland mit
0228dem Nebentitel „Verborgene Liebe“), ist eine rührende kleine
0229Dorfgeschichte, die (1826) großen Erfolg und eine blitzschnelle
0230Popularität erlangt hat. Die zarte, natürliche Empfindung,
0231welche die Hauptrolle beseelt, gewann alle Herzen; im
0232Uebrigen hat „Marie“ noch nicht die künstlerische Reife und
0233Selbstständigkeit der beiden letzten Opern Herold’s und ver-
0234räth den starken Einfluß Rossini’s. Diesem Zauber konnte [3]
0235sich in den Zwanziger-Jahren thatsächlich kein Operncomponist
0236entziehen. Im Contact mit Rossini haben Herold wie Auber 
0237ihre ersten Funken gesprüht. Wien brachte die „Marie“ noch
0238im selben Jahr zur Aufführung und hat sich lange an ihr
0239ergötzt. Zu dieser Zeit begannen die Pariser Conservato-
0240riums-Concerte Beethoven und Weber eifrig zu culti-
0241viren. Herold begeisterte sich an ihren Werken und suchte in
0242seinen letzten Opern die Rossini’schen Flitter kräftig abzuschütteln.
0243Der Erfolg des „Zampa“ (1831) in Paris war günstig,
0244aber von kurzer Dauer. Die Oper begeisterte Deutschland,
0245eroberte sich die bedeutendsten Bühnen Italiens, siegte in allen
0246französischen Provinzstädten, während in Paris die Erinne-
0247rung daran eingeschlafen schien. Desto glänzender gestaltete
0248sich in Paris der Triumph von Herold’s nächster Oper:
0249Le Pré-aux-Clercs“ (die Schreiberwiese, in deutscher
0250Bearbeitung „Der Zweikampf“), deren leichterer, anmuthig
0251geistreicher Styl dem französischen Geschmacke mehr zusagte.
0252Zampa“ hat in Paris bis heute gegen 600 Aufführungen er-
0253lebt: „Der Zweikampf“ feierte bereits im Jahre 1871 seine
0254tausendste und dürfte jetzt bei der Zahl 1500 angelangt
0255sein. In der Opéra Comique ist nur die „Weiße Frau“
0256von gleichem Erfolge begünstigt gewesen. Beide Opern, „Zampa“
0257wie „Der Zweikampf“, sind unseren Lesern zu wohl bekannt,
0258als daß wir länger dabei verweilen dürften. Als man den
0259Componisten nach dem letzten Acte des „Zweikampfs“
0260stürmisch hervorrief, trat nach einiger Zeit ein Regisseur mit
0261der Meldung hervor, Herold sei außer Stande, vor dem
0262Publicum zu erscheinen. Die freudige Aufregung über den
0263großen Erfolg seines Werkes hatte Herold einen Blutsturz
0264zugezogen. Er sank ohnmächtig in die Arme seiner Freunde,
0265die ihn nach Hause brachten und in das Bett legten, worin
0266er sterben sollte. Herold hat noch einen Monat nach jenem,
0267für ihn so verhängnißvollen Triumph gelebt. Er starb am
026819. Januar 1833, erst 42 Jahre alt. Sein Leben konnte
0269im Ganzen ein glückliches heißen; er wußte von schlechten
0270Textbüchern zu erzählen, aber nicht von eigentlichen Miß-
0271erfolgen; er hatte nach Neigung geheiratet, ein ansehnliches
0272Vermögen erworben und volle Befriedigung gefunden daheim,
0273bei seinen zärtlich geliebten Kindern. Er besaß Glück, besaß
0274Ruhm, besaß Alles — nur das Leben, das jetzt so schön zu
0275werden versprach, hat ihn im Stich gelassen.

Fußnoten
  • *)Das fast unbegreiflich abfällige Urtheil des jungen Herold 
    hat einen seiner neueren Biographen zu der Vermuthung verleitet,
    der Münchener Concertgeber sei nicht Karl Maria Weber, sondern
    der Prager Conservatoriums-Director Dionys Weber gewesen. Es
    war aber doch Karl Maria Weber, der im Sommer 1815 in München 
    sein C-dur-Concert und das Clarinett-Duo mit Bärmann gespielt
    hat. Dionys Weber war ein Theoretiker, aber kein Clavierspieler von
    Ruf und hat niemals in München concertirt.